Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 154
Die objektive Betrachtung der Leistungen der Beteiligten ist nach den allgemeinen Regeln des Schenkungsrechts um die subjektive Betrachtung zu ergänzen (Prinzip der subjektiven Äquivalenz) bzw. zu korrigieren. Die objektive Betrachtungsweise ist die unterste Grenze.
Die Korrektur erfolgt nach den Vorstellungen der Beteiligten (Grundsatz der subjektiven Äquivalenz). Für die Annahme einer Schenkung ist kein Raum, wenn die Beteiligten sich bei ("freilich nicht willkürlicher") Bewertung von Leistung und Gegenleistung über die Entgeltlichkeit der Leistung einig gewesen sind. Konkrete Bewertungen der Beteiligten sind daher zu akzeptieren, wenn kein auffallend grobes Missverhältnis zur Zuwendung vorliegt. Es muss also nunmehr auf der subjektiven Ebene nach Gründen gesucht werden, die das objektiv grobe und auffallenden Werteverhältnis relativieren.
Rz. 155
Aus der Rechtsprechung dazu:
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VGH Mannheim: Bei Vereinbarung "möglicher, bedarfsgerechte häusliche Pflege" erfolgt die Bewertung mit dem Wert des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI (hier 800 DM). |
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OLG Düsseldorf: Bei erheblichen Pflegeleistungen in der Vergangenheit pauschale Akzeptanz von 800 DM monatlich, weil unbestritten. |
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OLG Oldenburg: Akzeptanz von bis zu 3.000 DM monatlich für Pflege, ohne dass diese aus dem Text genauer spezifiziert werden kann. |
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OLG Oldenburg: Kein grobes Missverhältnis bei einer Zuwendung, für die im Gegenzug der Zuwendende nach einem schweren Schlaganfall versorgt und gepflegt werden musste: "Selbst wenn man den Wert der Pflegeleistungen nur mit 2.500 DM monatlich veranschlagt, ist der Wert des Grundstücks nach fünf Jahren aufgezehrt." |
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OLG Koblenz: Kein Missverhältnis für einen Monatswert von 300 DM für übernommene Pflegeverpflichtungen ohne substantiiertes Bestreiten der Gegenseite. |
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OLG Hamm: Grobes Missverhältnis bei geringer Pflegedauer und zusätzlich eingeräumten weiteren Nutzungsvorteilen. |
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Das OLG Köln hat für das Pflegerisiko 1991 für Pflege und Betreuung 400 DM pro Monat eingesetzt und 600 DM für die eigentliche Pflegeleistung. Dabei ist es von der statistischen Lebenserwartung und einem Pflegeansatz der Krankenkassen von 1.200 DM ausgegangen. Die Reduzierung begründete das OLG damit, dass "es sich bei der Übernahme der Pflegeverpflichtung gleichfalls um ein Risikogeschäft in dem vorstehend beschriebenen Sinne handelt, wobei hier im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht nur der Zeitraum bis zum Ende einer etwaigen Pflegeverpflichtung, sondern zugleich ungewiss war, ob und gegebenenfalls wann sie überhaupt einsetzen würde". |
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Das OLG Celle hat 2008 einen monatlichen Wert von 800 EUR für die Verpflichtung, umfassende Pflegeleistungen im privaten Bereich zu erbringen, für angemessen gehalten und den Wert im konkreten Fall auf 200 EUR (= 25 % von 800 EUR) gekürzt, "da die Vertragsparteien für den Umfang der Pflegeverpflichtung Einschränkungen vereinbart haben, die erheblich von einer umfassenden Pflegeverpflichtung abweichen. Denn die Verpflichtung, die für den Übernehmer insoweit (ruht), als der Übergeber Leistungen aus einer Pflegeversicherung beanspruchen kann, umfasst nicht die Leistungen geschulten Personals, sondern bei der Ausgestaltung der Wart- und Pflege sind persönliche und örtliche Verhältnisse, Bedarf und Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, d.h. der Übernehmer wird seinen Beruf weiterhin vollschichtig ausüben. Dementsprechend deutet die Erklärung des Antragsgegners, die Übertragung dankend anzunehmen (§ 5 des notariellen Vertrages), darauf hin, dass die Vertragsparteien, die im Vertrag nur für den Grundbesitz und das Wohnrecht, nicht aber für die Pflegeverpflichtung eine Wertangabe gemacht haben, von einer teilweisen Unentgeltlichkeit ausgegangen sind." |
Rz. 156
Aus diesen Entscheidungen lassen sich subjektiven Elemente der Pflegevereinbarungen kaum extrahieren. Und auch die Literatur nimmt schlussendlich an, dass in der Urkunde enthaltene Wertansätze der Beteiligten zu akzeptieren seien, auch wenn sich der Veräußerer die Pflege dadurch etwas kosten lasse. Ein Vergleich von objektivem Wert der Zuwendung zu objektivem Wert der Gegenleistungen des Zuwendungsempfängers mit anschließender Korrektur durch subjektive Elemente (z.B. enges Verwandtschaftsverhältnis) findet sich so gut wie nicht, was natürlich daran liegen kann, dass es bei den Schenkungsrückforderungsansprüchen der hier in Betracht kommenden Art nur selten vorkommt, dass der Leistungsaustausch vollentgeltlich stattfindet. Zumeist bleibt ein unentgeltlicher Teil, der einsatzpflichtig in der Sozialhilfe ist. Erst ab einer gewissen Größenordnung kommt es rechtserhebliche auf solche systematische Ableistung an. In der Rechtsprechung nehmen aber subjektive Bewertungen zu.
Rz. 157
Ein solche Aspekt kann z.B. in der Abwendung einer Heimunterbringung und Werthaltigkeit der persönlichen Beziehung der Beteiligten zueinander liegen. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des OL...