Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 216
Der BGH nimmt im Fall der Eigennutzung oder der Nutzung durch andere Familienangehörige bei fehlender vertraglicher Regelung und dem Ausschluss der vorstehenden Fallgestaltungen an, dass "im Zweifel ebenso wenig anzunehmen ist, dass eine eigene private Nutzung oder die Nutzung durch einen nahen Familienangehörigen die Verpflichtung auslöst, ein Nutzungsentgelt zu zahlen". Eigennutzung und Nutzung durch enge Familienangehörige lösen danach im Regelfall keine geldwerten Ansprüche mehr aus.
Allerdings wird dabei bisher nicht diskutiert, wie zu entscheiden ist, wenn die Zuwendung mit Wohnungsrecht nur an ein Kind gegangen ist und die Geschwister nichts erhalten haben, jetzt aber Elternunterhalt zahlen sollen. Nähme man hier an, dass die Beteiligten keine Ersatzverpflichtung vereinbart hätten und das begünstigte Kind auch im Falle der Vermietung die Miete nicht herausgeben muss, so wären die nicht bedachten Geschwisterkinder möglicherweise mehrfach benachteiligt:
Sie haben lebzeitig nichts erhalten und werden auch nichts mehr erhalten. Sie müssen trotz mangelnder Begünstigung leisten, weil sich der Elternteil bedürftig gemacht hat.
Rz. 217
Fraglich wäre in diesem Fall, ob man den Elternteil nicht ausnahmsweise darauf verweisen kann, das Wohnungsrecht gegen Zahlung an den Eigentümer aufzugeben und aus dieser Zahlung seinen Bedarf vorrangig selbst zu decken. Dagegen spricht, dass der Elternteil sein Wohnungsrecht zwar nach § 875 BGB aufgeben, nicht aber den Eigentümer zur Zahlung für die Aufgabe des Rechts verpflichten kann, selbst wenn er durch ein unbelastetes Grundstück einen Wertzuwachs erfährt. Also wäre fraglich, ob man im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht dazu kommen müsste, dass der Elternteil wegen seiner unterhaltsrechtlichen Selbsthilfeverpflichtung dem Eigentümer die Aufgabe des Wohnungsrechts gegen Ablösezahlung anbieten muss und dieser aus Gründen von Treu und Glauben gehalten ist, dieses Angebot anzunehmen und eine Abstandssumme zu zahlen. Elternunterhaltspflichtige, nicht beschenkte Kinder scheinen die Verweigerung von Elternunterhaltszahlungen bisher nicht auf eine solche Argumentation gestützt zu haben.
Mit § 1611 BGB oder § 94 Abs. 3 SGB XII wird die Rechtsprechung hier sicherlich nicht helfen. Sozialhilfeträger diskutieren diese Fragestellung unter dem Gesichtspunkt, ob dem Bedürftigen nicht ein entgeltlicher Verzicht auf ein Wohnungsrecht als Selbsthilfemöglichkeit im sozialhilferechtlichen Sinne zuzumuten ist. Entschieden ist dies bisher nicht.