Rz. 9

Mit der Einführung des neuen § 257c StPO, der Zustandekommen und Folgen etc. regelt, hat – entgegen vielen Stellungnahmen und Meinungen bis in den BGH – der Gesetzgeber eine – vorläufige – Entscheidung getroffen: Die verfahrensbeendende Absprache ist an diverse Anforderungen zu deren Wirksamkeit geknüpft. Die Stellungnahme des DAV unter www.anwaltverein.de/downloads/stellungnahmen/2006–46.pdf bringt die wichtigsten Kritikpunkte.

 

257c StPO

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch, die Ankündigung, auf Rechtsmittel zu verzichten, sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

 

Rz. 10

Dabei geht der Gesetzentwurf von den folgenden Grundsätzen aus:

Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
Es wird insbesondere kein "Konsensprinzip" geben. Eine Verständigung kann nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln.
Für größtmögliche Transparenz kann eine Verständigung nur in der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen; Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung muss das Gericht öffentlich mitteilen. Verständigungen müssen stets umfassend protokolliert und urteilsgegenständlich sein.
Es gibt keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel; ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen.
 

Hinweis

Das Urteil bleibt auch nach einer Verständigung in vollem Umfang überprüfbar; der Angeklagte muss darüber eingehend belehrt werden.

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