Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 143
§ 126 i.V.m. § 126a BGB regelt die Möglichkeit der Ersetzung einer gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform durch die elektronische Form; wobei in den besonderen Vorschriften des BGH hiervon zahlreiche Ausnahmen geregelt sind:
§ 126a BGB
Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
Rz. 144
Eine Ersetzung der Schriftform durch elektronische Form ist nicht möglich bei (keine abschließende Aufzählung!):
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Kündigung Dienstverhältnis, § 623 BGB |
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Zeugniserteilung, § 630 BGB |
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Leibrentenversprechen, § 761 S. 2 BGB |
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Bürgschaftserklärungen, § 766 S. 2 BGB |
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Abstrakte Schuldversprechen, § 780 S. 2 BGB |
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Abstrakte Schuldanerkenntnisse, § 781 S. 2 BGB |
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Erklärungen gem. NachweisG |
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Bei vereinbartem Ersetzungsausschluss |
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Bei Ausschluss durch Wortwahl im Gesetz ("Vollmachtsurkunde" = Papier) |
Rz. 145
Achtung Haftungsfalle!
Der sichere Übermittlungsweg beA in Kombi mit der einfachen elektronischen Signatur kann nur im Verfahrensrecht die Unterschrift ersetzen, nicht bei materiell-rechtlichen Erklärungen, die eine Schriftform verlangen! Wenn bei gesetzlich vorgeschriebener Schriftform überhaupt (siehe Rdn 143 oben) eine Ersetzung im materiellen Recht erfolgen kann, dann ist zwingend eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen. Die Erklärung muss dann aber auch zusammen mit der qualifizierten elektronischen Signatur den Gegner erreichen! Auf eine Weiterleitung der Signaturdatei durch das Gericht sollte daher nicht vertraut werden.
Rz. 146
Es empfiehlt sich dringend, aufgrund der gegebenen Unsicherheiten und auch im Hinblick auf die Notwendigkeit Vorlage einer Originalvollmacht, siehe Rdn 127 solche materiell-rechtlichen Erklärungen sicherheitshalber in Papierform gegenüber dem Gegner zu erklären und das Gericht ggf. im Verfahren hierüber in Kenntnis zu setzen.
Rz. 147
Nicht alles, was im analogen Verfahren möglich war (siehe dazu beispielhaft die Schriftsatzkündigung im Arbeitsrecht), lässt sich auch im elektronischen Rechtsverkehr darstellen. Hier liegt ein besonderes Haftungsrisiko für Anwälte, wenn sie dies nicht erkennen.
Rz. 148
Tipp
Erstellen Sie sich für die von ihnen bearbeiteten Rechtsgebiete Listen, in welchen Fällen Schriftform gefordert ist, ob und wie diese elektronisch ersetzt werden kann, um sich pragmatisch sichere Vorgehensweisen zu erschließen.