Rz. 196
Beim Tod eines Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft wird die Gesellschaft nach der gesetzlichen Regelung aufgelöst (§ 727 BGB). Damit wandelt sich die Gesellschaft kraft Gesetzes in eine Liquidationsgesellschaft um. Die Erben werden Mitglieder der Liquidationsgesellschaft mit den nachstehenden Folgen:
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Der dem Erblasser zustehende Gesellschaftsanteil fällt in den Nachlass und steht damit den Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft zu. |
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Das auf den Anteil des Erblassers entfallende Auseinandersetzungsguthaben ist bei der Erbteilung unter den Erben aufzuteilen; bzw. ist die sich daraus ergebende Forderung einzuziehen und der Erlös zu teilen. |
Rz. 197
Beim Tod eines OHG-Gesellschafters oder eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KG gilt Folgendes: Der betreffende Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft aus, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vereinbart ist (§§ 131 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 2 HGB). Damit wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den verbleibenden Gesellschaftern – ohne Teilnahme der Erben des Verstorbenen – fortgesetzt.
Rz. 198
Rechtswirkungen der gesetzlich geregelten Fortsetzung bzw. der vertraglich vereinbarten Fortsetzungsklausel:
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Die Beteiligung des Erblassers wächst den übrigen Gesellschaftern an (§ 738 Abs. 1 S. 1 BGB, § 105 Abs. 2 HGB). |
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Den Erben steht als Gesamthändern der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben und auf Freistellung von den Gesellschaftsschulden zu. |
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Gemäß § 146 Abs. 1 S. 2 HGB haben die Miterben einen gemeinsamen Vertreter zur Ausübung ihrer Gesellschafterrechte zu bestellen. |
Rz. 199
Bei der Beteiligung des Erblassers an einer KG ist zu differenzieren, ob der Erblasser Komplementär war oder Kommanditist. Für die Komplementärstellung gilt dasselbe wie bei der OHG. Dagegen ist der Kommanditanteil frei vererblich (§ 177 HGB).
Rz. 200
Sieht der Gesellschaftsvertrag nicht die Auflösung der Gesellschaft vor, so kommen verschiedene Möglichkeiten der Fortsetzung der Gesellschaft in Betracht:
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Fortsetzung unter Ausschluss der Erben (sog. Fortsetzungsklausel) als gesetzliche Regel, |
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Fortsetzung mit allen oder einzelnen Erben (einfache und qualifizierte Nachfolgeklauseln). |
Rz. 201
Bei Nachfolgeklauseln gelten kraft des in den letzten Jahren entwickelten Richterrechts folgende Regeln:
Miterben können nicht im Zusammenschluss einer Erbengemeinschaft Mitglieder einer Personengesellschaft sein, weil sich insbesondere die Haftungsvorschriften des Erbrechts nicht mit denen des Gesellschaftsrechts vereinbaren lassen.
Rz. 202
Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung werden vererbliche Beteiligungen an einer Personengesellschaft im Erbfall nicht gemeinschaftliches Vermögen der Miterben. Vielmehr geht der Gesellschaftsanteil im Wege der Sondererbfolge unmittelbar im Verhältnis der Erbteile auf die eintrittsberechtigten Miterben über, ohne dass es dafür eines besonderen Übertragungsaktes bedürfte. Man nennt dies auch "automatisches Splitting". Kraft Gesetzes findet somit eine Teil-Nachlassauseinandersetzung statt.
Das vom BGH entwickelte Prinzip der Sondererbfolge ist eine Zweckschöpfung, die es der Erbengemeinschaft verwehren soll, als Gesamthand eine Gesellschafterstellung zu übernehmen. Aber sie führt auch zu der hochstreitigen Frage, inwieweit der Gesellschaftsanteil überhaupt als Nachlassbestandteil anzusehen ist und demzufolge der Testamentsvollstreckung unterliegt bzw. im Rahmen von Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz als Vermögenswert den Nachlassgläubigern zur Verfügung steht.
Der für Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH und der für Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat (früher IVa-Zivilsenat) waren sich zumindest in der Vergangenheit darüber nicht einig.
Der Erbrechtssenat bejaht die Zugehörigkeit des Gesellschaftsanteils zum Nachlass – nur eben nicht in gesamthänderischer Bindung; daraus folgt die Zulässigkeit nicht nur einer Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung, sondern auch einer Verwaltungs- oder Dauervollstreckung nach § 2209 BGB, wobei der Erbrechtssenat allerdings die Konturen der Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers nicht genau zeichnete.
Demgegenüber war der Gesellschaftsrechtssenat der Ansicht, nur die nach § 717 S. 2 BGB selbstständig abtretbaren Ansprüche auf den Gewinn und das zukünftige Auseinandersetzungsguthaben gehörten zum Nachlass – sog. Abspaltungsthese. In seiner späteren Entscheidung in BGHZ 108, 187 ff., anerkannte auch der Gesellschaftsrechtssenat die Nachlasszugehörigkeit vererbter Personengesellschaftsanteile und die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Kommanditbeteiligungen, ließ aber ebenfalls die Reichweite der Befugnisse des Testamentsvollstreckers ausdrücklich offen.
Rz. 203
In seinem Beschl. v. 10.1.1996 weist der IV. Zivilsenat des BGH darauf hin, dass weitgehend Einigkeit zwischen dem Erbrechtssenat und dem Gesellschaftsrechtssenat insoweit bestehe, als beide der Ansicht sind, dass der durch Sondererbfolge übergegangene Gesellschaft...