Rz. 4
Die mehreren Erben organisiert das BGB als Gesamthandsgemeinschaft, an der jeder Miterbe mit einem bestimmten Anteil, seinem "Erbteil", beteiligt ist (§ 1922 Abs. 2 BGB). Eine gesetzliche Norm, aus der sich die Rechtsnatur der Erbengemeinschaft ablesen lassen könnte, kennt das BGB nicht. Allenfalls § 2033 Abs. 2 BGB, wonach der Miterbe über seinen Anteil am einzelnen Nachlassgegenstand nicht verfügen kann – entsprechend den Regeln bei der GbR und der Gütergemeinschaft in §§ 719 Abs. 1 und 1419 Abs. 1 BGB – kennzeichnet das Charakteristikum der Gesamthandsgemeinschaft.
Die seit dem Urteil des BGH vom 29.1.2001 (zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft) viel diskutierte Frage, ob auch die Erbengemeinschaft rechtsfähig sei, hat der BGH mit Urt. v. 11.9.2002 entschieden und im Beschl. v. 17.10.2006 bestätigt: Die Erbengemeinschaft ist nicht rechts- und nicht parteifähig.
Das Urt. v. 11.9.2002 erging zur Frage der Schriftform eines Mietvertrags gem. § 566 BGB a.F.
Dazu der BGH: Ein von einem Vertreter einer Erbengemeinschaft abgeschlossener Mietvertrag kann mangels Rechtsfähigkeit derselben nicht mit der Erbengemeinschaft als solcher, sondern nur mit den einzelnen Miterben zustande kommen.
Der Beklagte mietete durch schriftlichen Mietvertrag Gewerberäume an. Der Vertrag wurde von S. K. für die Vermieter unterzeichnet. In dem Vertragsformular ist als Vermieter "die Erbengemeinschaft Sa. vertreten durch S. K." aufgeführt.
Rz. 5
Der BGH führt aus:
Zitat
"… Aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft durch die Entscheidung des II. Zivilsenates (Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 f.) ergibt sich für die Erbengemeinschaft keine andere Rechtsstellung. Die Rechtsfähigkeit und damit auch die Parteifähigkeit jeglicher Gesamthand, etwa in der Form einer Innengesellschaft oder der Erbengemeinschaft, ist damit nicht anerkannt worden (Armbrüster, GE 2001, 821, 823; a.A. Grunewald, a.a.O., 306 f.). Die Entscheidung des II. Zivilsenats lässt sich zudem nicht auf die Erbengemeinschaft übertragen, da sie allein den besonderen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs im Bereich des Gesellschaftsrechtes Rechnung getragen hat …"
Diese Rechtsprechung hat der BGH im Beschl. v. 17.10.2006 bestätigt.
Das bedeutet, dass ein Grundstück niemals an die Erbengemeinschaft aufgelassen werden darf, sondern bspw. an "A, B, C in Erbengemeinschaft".
Kennzeichnend für die Erbengemeinschaft ist ihre Begründung mit dem Erbfall ipso iure, wohingegen die GbR rechtsgeschäftlich begründet wird. Ferner ist die Erbengemeinschaft keine werbende Gemeinschaft, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet.
Die Erbengemeinschaft ist auch nicht parteifähig, so dass nur die einzelnen Erben – nicht die Erbengemeinschaft als solche – klagen können.
Erbengemeinschaften tendieren zur Auflösung, sie sind "geborene" Liquidationsgemeinschaften, weil § 2042 Abs. 1 BGB jedem Miterben – und sei sein Anteil noch so gering – das Recht gibt, "jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses" zu verlangen.