Rz. 71
Bei Notverwaltungsmaßnahmen hat jeder Miterbe ein Alleinverwaltungsrecht (Notgeschäftsführung, § 2038 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB). Ihnen unterfallen nur Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung. Sie sind zulässig bei bedeutsamen Maßnahmen in Dringlichkeitsfällen, wenn die Stellungnahme bzw. Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr eingeholt werden kann. Im Rahmen eines gesetzlichen Auftrags- und Vertretungsrechts kann der einzelne Erbe ordnungsmäßige Maßnahmen sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis treffen. Im Falle der Notgeschäftsführung ist der betreffende Erbe auch zur Alleinverfügung über einzelne Nachlassgegenstände berechtigt.
Rz. 72
Beispiel
Verstopfung des Abwassersystems im Wohnhaus der Erbengemeinschaft. Ein Miterbe kann die erforderlichen Reparaturaufträge erteilen und auch aus Nachlassmitteln die Werklohnforderung erfüllen (Verfügungsgeschäft).
Rz. 73
OLG München: Die Auflassung eines Grundstücks könne u.U. als Maßnahme einer Notverwaltung von einem Miterben erklärt werden, wenn die anderen Miterben die Mitwirkung verweigern (bspw. Abwendung von Schadensersatzansprüchen gegen die Erben und damit gegen den Nachlass). Allerdings müssten alle Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer Notverwaltungsmaßnahme in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.
Steht ein Geschäftsanteil an einer GmbH einer Erbengemeinschaft zu, so kann jeder Miterbe gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ohne Mitwirkung der anderen Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluss erheben.
Dazu der BGH:
Zitat
"Nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB kann indessen jeder Miterbe notwendige Erhaltungsmaßnahmen ohne Mitwirkung der anderen treffen. Dazu kann auch die Erhebung einer Klage gehören, wenn nur durch sie ein zum Nachlaß gehöriges Recht erhalten werden kann (…). Diese Voraussetzung ist bei einer gesellschaftlichen Anfechtungsklage erfüllt; denn nur durch deren rechtzeitige Erhebung kann die Wirksamkeit eines rechtswidrigen Beschlusses beseitigt werden (…). In einem solchen Fall steht dem allein klagenden Miterben eine gesetzliche Prozeßführungsbefugnis zu; § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB geht der Regelung in § 2040 BGB, wonach die Erben über einen Nachlaßgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen können, vor. Das Senatsurteil vom 14.12.1967 (…) steht dem nicht entgegen; dort ging es um die Frage, ob ein Mehrheitsbeschluß der Erben von der Mehrheit mit Außenwirkung ausgeführt werden kann."
Rz. 74
Maßgebend ist eine objektive Betrachtung aus der Sicht eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beobachters zur Zeit der Vornahme der Handlung. Auch die Wahrnehmung von Rechtsschutzverfahren gehört zum Kreis der möglichen notwendigen Verwaltungsmaßnahmen. Im Innenverhältnis zu den anderen Erben handelt es sich um ein gesetzliches Auftragsverhältnis, für das der allgemeine Haftungsmaßstab des § 276 BGB (Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit) gilt.