1. Ausgangssituation
Rz. 135
Der Erblasser kann einem Dritten oder einem Miterben den Anspruch auf Bestellung eines Nießbrauchs an einem Erbteil vermächtnisweise zuwenden. Dies ist ein schuldrechtlicher Anspruch auf dingliche Einräumung des Nießbrauchsrechts. Eine unmittelbar dinglich wirkende Zuwendung des Nießbrauchs wäre nicht möglich.
Rz. 136
Der Nießbrauch an einem Erbteil ist ein Nießbrauch an einem Recht i.S.d. §§ 1068 ff. BGB. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Recht erfolgt nach den Regeln der Rechtsübertragung (§ 1069 Abs. 1 BGB). Damit gilt § 2033 Abs. 1 BGB und die dort vorgesehene notarielle Beurkundungspflicht für die Nießbrauchsbestellung (vgl. das Muster Rdn 141).
2. Besonderheiten bei Grundstücken im Nachlass
Rz. 137
Gehört ein Grundstück zum Nachlass, so ist nicht dieses Grundstück oder ein Anteil an dem Grundstück belastet. Der Nießbrauch selbst kann im Grundbuch also nicht eingetragen werden. Aber im Hinblick auf die Verfügungsbeschränkung des § 1071 BGB ist außerhalb des Grundbuchs eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis entstanden. Deshalb lässt die Rechtspraxis die Eintragung eines berichtigenden Vermerks im Grundbuch in Abt. II zu.
Rz. 138
Da der Miterbe, dessen Erbteil mit einem Nießbrauch belastet ist, nur noch mit Zustimmung des Nießbrauchers "nießbrauchsschädliche" Verfügungen über den Anteil vornehmen kann, ist die Verlautbarung im Grundbuch von besonderer Bedeutung (§ 1071 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB), weil andernfalls der nießbrauchsbelastete Miterbe zusammen mit den anderen Miterben über das Grundstück zugunsten eines Gutgläubigen verfügen könnte und dieser das Grundstück ohne teilweise Belastung mit dem Nießbrauch erwerben würde. Weil die Nießbrauchseinräumung an einem Erbteil der notariellen Beurkundung bedarf, ist darauf zu achten, dass die Bewilligung der Eintragung eines Nießbrauchsvermerks im Grundbuch sofort in die notarielle Urkunde aufgenommen wird (vgl. dazu das Muster Rdn 141), um die Beglaubigungsgebühr für eine gesonderte Bewilligung zu sparen.
Rz. 139
Zunächst ist im Grundbuch die Erbengemeinschaft gem. § 39 GBO – unter Nachweis des Erbrechts mittels eines Erbscheins oder beglaubigter Abschriften einer notariellen Verfügung von Todes wegen und der nachlassgerichtlichen Eröffnungsniederschrift (§ 35 GBO) – voreinzutragen. Erst dann kann der Vermerk über die Nießbrauchsbestellung an einem Erbteil eingetragen werden.
3. Rechtswirkungen
Rz. 140
Ein Verstoß gegen § 1071 BGB führt lediglich zur relativen Unwirksamkeit der vorgenommenen Verfügung.
Der Nießbraucher nimmt die Rechte des Miterben in Bezug auf Verwaltung und Nutzung des Nachlasses wahr (§ 1066 Abs. 1 BGB).
Die Auseinandersetzung des Nachlasses kann der Nießbraucher nur gemeinsam mit dem betreffenden Miterben verlangen (§ 1066 Abs. 2 BGB). Die Auseinandersetzung führt zu einer Art Surrogation: Nach § 1066 Abs. 3 BGB setzt sich der Nießbrauch am Auseinandersetzungsguthaben fort.
4. Muster: Nießbrauchseinräumung an einem Erbteil
Rz. 141
Muster 12.3: Nießbrauchseinräumung an einem Erbteil
Muster 12.3: Nießbrauchseinräumung an einem Erbteil
_________________________ (Notarielle Urkundenformalien)
Anwesend sind heute:
1. |
Herr _________________________ |
2. |
Herr _________________________ |
Sie erklären mit der Bitte um Beurkundung:
Wir schließen folgenden
Vertrag über die Einräumung eines Nießbrauchs an einem Erbteil
I. Rechtsverhältnisse
Der Anwesende Ziff. 1 wurde zu einem Anteil von einem Drittel Miterbe am Nachlass seines am _________________________ verstorbenen Vaters _________________________. In dessen privatschriftlichem Testament vom _________________________, das das Nachlassgericht _________________________ am _________________________ unter Az. _________________________ eröffnet hat, wurde Herrn _________________________ als Vermächtnis das lebenslange unentgeltliche Nießbrauchsrecht an dem Erbteil des Herrn _________________________ von einem Drittel zugewandt. Herr _________________________ hat dieses Nießbrauchsvermächtnis angenommen.
II. Nießbrauchsbestellung
In Erfüllung der Verpflichtung des Vorausvermächtnisnehmers aus dem bezeichneten Testament bestellt er hiermit Herrn _________________________ den lebenslangen Nießbrauch an dem bezeichneten Erbteil. Das Nießbrauchsrecht hat den gesetzlichen Inhalt der §§ 1030 ff. BGB. Abweichende Vereinbarungen über die Lastentragung nach § 1047 BGB werden nicht getroffen.
Erbe und Nießbraucher sind sich über die Bestellung des Nießbrauchsrechts einig. Die Vertragsparteien verpflichten sich, sich so zu stellen, als wäre der Nießbrauch mit Wirkung ab Todestag des Erblassers eingeräumt worden.
Zum Nachlass gehört das Grundstück _________________________, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts _________________________ für _________________________, Band _________________________, Blatt _________________________, BV Nr. _________________________, Gemarkung _________________________, Flst. Nr. _________________________, Größe _________________________.
Der Erbe bew...