Rz. 155

Eine Rücknahme der Beschwerde ist jederzeit möglich, § 67 Abs. 4 FamFG. Nimmt im Erbscheinsverfahren ein Beteiligter die von ihm eingelegte Beschwerde zurück, so hat er in der Regel auch die außergerichtlichen Kosten eines Beschwerdegegners zu erstatten, § 84 FamFG. Von einer Anordnung der Kostenerstattung kann jedoch nach den Umständen des Einzelfalls aus Billigkeitsgründen abgesehen werden, z.B. wenn die Zurücknahme des Rechtsmittels aufgrund eines Hinweises des Beschwerdegerichts bei schwieriger Rechtslage erfolgt ist.[278]

 

Rz. 156

Checkliste: Zulässigkeit der Beschwerde

(1) Zuständigkeit

Zivilsenat des Oberlandesgerichts, §§ 58 ff. FamFG, §§ 72, 119 Abs. 1 GVG.

Einzelrichterübertragung möglich, § 68 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 526 ZPO.

(2) Statthaftigkeit

§ 58 Abs. 1 FamFG: erstinstanzliche Endentscheidung des Amtsgerichts.
 

§ 58 FamFG Statthaftigkeit der Beschwerde

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts Anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbstständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(a) Endentscheidungen

Feststellungsbeschluss (Erbscheinserteilungsanordnung),
die Zurückweisung eines Erbscheinsantrags und
die Einziehungsanordnung.

(b) Zwischenentscheidungen

grundsätzlich nicht anfechtbar
Ausnahmen, z.B. §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 5, 21 Abs. 2 FamFG.

(c) Ausschluss der Beschwerde

die Kraftloserklärung eines Erbscheins nach § 353 Abs. 1, 3 FamFG

(3) Adressat der Beschwerde

Einlegung der Beschwerde beim Ausgangsgericht, § 64 Abs. 1 FamFG.

(4) Form

Beschwerdeschrift, § 64 Abs. 2 FamFG oder
Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des nach § 64 Abs. 2 FamFG zuständigen Gerichts (Telefax zulässig,[279] wenn die Unterschrift des Absenders wiedergegeben ist).
Kein Anwaltszwang, jedoch Vertretung durch Bevollmächtigte zulässig, § 10 FamFG.

(5) Frist

 

§ 63 FamFG Beschwerdefrist

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen

eine einstweilige Anordnung oder
einen Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat,

richtet.

(3) Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(6) Wertgrenzen

Eine Beschwerde ist nach § 61 Abs. 1 FamFG nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt.

(7) Beschwerdeberechtigung

Um eine Popularbeschwerde zu verhindern, ist die Beschwerdeberechtigung eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde, § 59 FamFG. Dabei ist zunächst zwischen der materiellen Beschwer nach § 59 Abs. 1 FamFG und der formellen Beschwer nach § 59 Abs. 2 FamFG zu unterscheiden.

Die materielle Beschwer, d.h. die Beeinträchtigung in einem eigenen Recht, muss immer sowohl in Amts- als auch Antragsverfahren vorliegen.

Hingegen ist eine formelle Beschwer nur bei Antragsverfahren notwendig. In diesem Fall müssen kumulativ die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 des § 59 FamG gegeben sein.

(8) Übersicht: Beschwerdeberechtigte im Erbscheinsverfahren

der (wirkliche) Erbe kann sich sowohl gegen die Erteilungsanordnung bzgl. eines anderen Erben als auch gegen die Ablehnung seines eigenen Erbscheinsantrags beschweren;
auch der Vorerbe ist insoweit beschwerdeberechtigt;
der Nacherbe kann sich gegen die Erteilungsanordnung insoweit beschweren als sein Nacherbenrecht darin nicht enthalten ist;
Nachlassgläubiger sind beschwerdebefugt, wenn ein Vollstreckungstitel vorliegt;[280]
entsprechendes gilt für Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte.[281]
[280] BayObLGZ 73, 224.
[281] BayObLG FamRZ 1976, 288.

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