Rz. 375
Ist der Minderjährige derjenige, der im Erbverzichtsvertrag auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet hat, z.B. nach seinem Onkel, dem kinderlosen Bruder des Vaters, so schließt sein Vater in seinem Namen den Aufhebungsvertrag, wenn der Minderjährige noch geschäftsunfähig ist. Dies verschafft dem (noch) Minderjährigen wieder sein gesetzliches Erbrecht. § 2351 BGB verweist für den Vertragspartner des Erblassers nicht auf § 2347 BGB, insbesondere nicht auf dessen Abs. 1, weshalb die allgemeinen Regeln gelten. Eine Genehmigung des Familiengerichts ist nicht vorgesehen. Ist der Minderjährige geschäftsbeschränkt, so kann er den Aufhebungsvertrag zum Erbverzicht auch selbst schließen, da er ihm nur rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB), weil er ihm die Erbaussicht wiedergibt.
Hatte der Minderjährige, z.B. gegenüber seinem Vater, auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, so kann der Erbverzicht aufgehoben werden, ohne dass der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige bei Abschluss des Aufhebungsvertrags wegen des Verbots des In-Sich-Geschäfts (§ 181 BGB) durch einen Pfleger vertreten werden muss: Der Vertrag ist nur rechtlich vorteilhaft, so dass der Minderjährige sogar selbst den Vertrag schließen kann. Denn § 181 BGB ist einschränkend dahin auszulegen, dass das Verbot des In-Sich-Geschäfts nicht gilt, wenn es für den Vertretenen nur rechtlich vorteilhaft ist.
Eine familiengerichtliche Genehmigung ist nicht vorgesehen.
Rz. 376
Hat der Minderjährige auf eine erbrechtliche Zuwendung verzichtet, so kann auch solcher Zuwendungsverzicht durch Aufhebungsvertrag beseitigt werden. § 2351 BGB ist zwar systematisch vor § 2352 BGB angeordnet, aber solches Versehen des Gesetzgebers wird durch Rechtsanalogie ausgeglichen. Da der Aufhebungsvertrag dem Minderjährigen wieder die rechtlich anerkannte Aussicht auf eine erbrechtliche Bedenkung, sei es durch Testament, sei es durch Erbvertrag, verschafft, ist der Vertrag für ihn rechtlich vorteilhaft. Als Geschäftsbeschränkter muss er sich nicht durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten lassen, er kann auch gemäß § 107 BGB selbst handeln.
Wurde der Zuwendungsverzicht mit dem gesetzlichen Vertreter oder einem von dessen Verwandten in gerader Linie geschlossen, muss sich der Minderjährige nicht nach §§ 1915, 1629, 1795, 181 BGB vertreten lassen. Das Verbot des In-Sich-Geschäfts wie das des Verwandtengeschäfts entfällt, weil die Vorschriften bei einem rechtlichen Vorteil für den Minderjährigen nicht eingreifen.
Eine familiengerichtliche Genehmigung ist nicht vorgesehen und wäre auch wegen des rechtlichen Vorteils sinnlos, da der Vertrag den Minderjährigen rechtlich besser stellt, so dass eine Analogie nicht in Betracht kommt.
Rz. 377
Vom Aufhebungsvertrag gemäß § 2351 BGB, der ein abstraktes erbrechtliches Rechtsgeschäft darstellt, ist der Kausalvertrag zu solchem Aufhebungsvertrag, einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft, zu unterscheiden (siehe Rdn 371). Er regelt die Verpflichtung zur Aufhebung des Erbverzichts und die Frage, was mit einer eventuellen Abfindungsleistung, die dafür erbracht wurde oder noch zu erbringen ist, geschehen soll. Dieser Verpflichtungsvertrag ist für den Minderjährigen nur insoweit rechtlich vorteilhaft als er verspricht, sein Erbrecht wiederherzustellen. Ist aber eine Abfindungsleistung zurückzugewähren, so macht dies den Verpflichtungsvertrag für den Minderjährigen rechtlich nachteilig. Der Minderjährige kann deshalb nicht ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters handeln bzw. muss sich von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten lassen. Gegebenenfalls sind §§ 1629, 1915, 181, 1795 BGB zu beachten. Der Verpflichtungsvertrag bedarf analog §§ 2351, 2348 BGB der notariellen Beurkundung. Zur Heilung eines formungültigen Aufhebungsverpflichtungsvertrags siehe Rdn 371.