Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 31
Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung). Die Fristennotierung hat mit der Zustellung zu erfolgen.
Rz. 32
Der Antrag auf Verlängerung sollte wirklich nur ausnahmsweise gestellt werden. Der Vorsitzende verlängert die Frist, wenn der Gegner einwilligt, § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO. Üblich ist es, den gegnerischen Anwalt vorher kurzerhand anzurufen. Im Verlängerungsantrag kann dann mitgeteilt werden, dass von der Gegenseite auf Nachfrage Einverständnis erteilt worden ist.
Rz. 33
Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt, § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO. Der Rechtsanwalt darf davon ausgehen, dass seinem ersten Fristverlängerungsantrag entsprochen wird, wenn er einen erheblichen Grund vorträgt. Demgemäß ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, sich telefonisch beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob diesem stattgegeben wird.
Rz. 34
Davon, dass durch einen Verlängerungsantrag keine Verzögerung eintritt, dürfte regelmäßig auszugehen sein. Dies muss aber kurz dargestellt werden, denn wenn ein Prozessbevollmächtigter seinen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht begründet, muss er damit rechnen, dass sein Antrag abgelehnt wird, denn nur ein begründeter Antrag kann den Vorsitzenden dazu veranlassen, sich eine freie Überzeugung zu bilden. Fehlt eine Begründung, könnte nur eine grundlose Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist folgen, welche zu einer eben nicht gerechtfertigten Verzögerung des Rechtsstreits führen würde.
Rz. 35
Erhebliche Gründe für einen Fristverlängerungsantrag sind z.B.:
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Urlaub oder festgelegte Kur des Rechtsanwalts, |
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Beschaffungsschwierigkeiten bei Beweisurkunden oder Gutachten, |
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fehlende Information, |
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Rücksprache mit dem Mandanten, deren Notwendigkeit sich erst aus Einsicht in die Gerichtsakten ergibt, |
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Arbeitsüberlastung des Rechtsanwalts, wobei nicht erforderlich ist, Einzelheiten darzulegen, |
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Erkrankungen des Personals in der Kanzlei. |
Rz. 36
Von einer restriktiven Handhabung der Verlängerungsvorschriften seitens der Gerichte braucht der Rechtsanwalt regelmäßig nicht auszugehen. Sollte das Gericht dennoch – wider Erwarten – dem Verlängerungsantrag nicht nachkommen, sodass die Berufungsbegründungsfrist verstrichen ist, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden.