Rz. 39

Die Regelung des § 1961 BGB steht im Zusammenhang mit § 1958 BGB. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann vor der Annahme der Erbschaft nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden. Die Klage eines Nachlassgläubigers gegen den Erben vor der Erbschaftsannahme ist mangels passiver Prozessführungsbefugnis des zukünftigen Erben als unzulässig abzuweisen. § 1961 BGB gibt dem Nachlassgläubiger die Möglichkeit, jedoch unter den hier genannten Voraussetzungen die Bestallung eines Nachlasspflegers zu beantragen, für den nach § 1960 Abs. 3 BGB die Beschränkung des § 1958 BGB nicht gilt.[41] Der Gläubiger kann gleich klagen. Der Nachlassgläubiger kann somit seine gegen den Nachlass gerichteten Ansprüche bereits vor der Erbschaftsannahme durch Klage gegen den Nachlasspfleger als Vertreter des endgültigen Erben verfolgen. § 1961 BGB erleichtert den Nachlassgläubigern die Rechtsverfolgung.[42] Bei Auslandserben bedeutet dies eine deutlich schnellere Klagemöglichkeit.

 

Rz. 40

Zudem schafft § 1961 BGB die Grundlage für die gerichtliche Verfolgung von gegen den Nachlass gerichteten Ansprüchen vor dem Zeitpunkt der Erbschaftsannahme in den Fällen, in denen bereits der Erblasser verklagt war. Nach § 239 Abs. 1 ZPO wird aufgrund des Todes der Partei das Verfahren bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolge unterbrochen, der Erbe ist nach § 239 Abs. 5 ZPO vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet, es sei denn, es kommt zur Anwendung des § 243 ZPO, danach ist bei der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei für den Fall einer Bestellung eines Nachlasspflegers die Vorschrift des § 241 ZPO anzuwenden. § 241 ZPO hat zur Folge, dass das unterbrochene Verfahren durch Anzeige des Gegners an den Nachlasspfleger aufgenommen wird.

 

Rz. 41

Die sog. Klagpflegschaft des § 1961 BGB ermöglicht die gerichtliche Geltendmachung eines Klageanspruchs gegen die unbekannten Erben. Hier müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

(1) Formelle Voraussetzungen

Der Antrag muss beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht werden. Zuständig für die Anordnung ist das Nachlassgericht (§§ 343, 344 Abs. 1, 3 FamFG), nicht das Gericht der Fürsorge (§§ 13, 344 Abs. 4, 356 FamFG).

(2) Materielle Voraussetzungen

Der Erbe darf die Erbschaft noch nicht angenommen haben.
Es ist ungewiss, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat.
Der Antragsteller muss einen klagbaren Anspruch gegen den Erblasser haben.
[41] Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rn 68.
[42] KG NJW 1971, 565.

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