1. Überblick
Rz. 58
Mit gutem Grund wird Ziff. 4 als der "Kern des Modells", bezogen auf die Frage des Umfanges des Versicherungsschutzes verstanden. Während das sog. konventionelle Produkthaftpflichtrisiko in den AHB i.V.m. Ziff. 1 des Produkthaftpflicht-Modells geregelt ist, erweitert insbesondere Ziff. 4 den Versicherungsschutz auf bestimmte, abschließend benannte, vertragliche – zusätzliche – Haftungstatbestände und auch auf sog. echte Vermögensschäden. Diese Deckungserweiterungen sind in den einzelnen, zunächst separat zu betrachtenden "Deckungsbausteinen" (4.1–4.6) geregelt. Entsprechend der individuellen Risikosituation des Versicherungsnehmers könnten die einzelnen Deckungsbausteine für ihn "maßgeschneidert" zusammengestellt werden. Es entspricht allerdings gängiger Praxis, auch wenn die Risiken nicht gänzlich mit der tatsächlichen Situation des Versicherungsnehmers übereinstimmen, die Deckungsbausteine der Ziff. 4.1 bis 4.4 standardmäßig ("en bloc") anzubieten. Auch dafür gibt es aber einen guten Grund, nämlich den, dass die einzelnen Bearbeitungsstufen eines Erzeugnisses nicht immer ganz transparent sind. Alleine die Bausteine der Ziff. 4.5 (Maschinenhersteller) und 4.6 (Prüf- und Sortierkosten), die nur einzelne Versicherungsnehmer benötigen, werden fakultativ in der Praxis angeboten. Der nach Ziff. 4 implementierte Versicherungsschutz funktioniert also nach einem sog. Bausteinsystem.
Rz. 59
Mit Ausnahme der Ziff. 4.1 (Personen- oder Sachschäden aufgrund von Sachmängeln infolge Fehlens vereinbarter Eigenschaften) ist jeder einzelne Baustein (4.2–4.6) in zwei Abschnitte unterteilt. Im zugrunde liegenden Absatz 1 ist stets der Grundtatbestand geregelt, also die Voraussetzungen, unter denen der Baustein eingreift. Im zweiten Abschnitt finden sich dann in enumerativer Auflistung die von dem einzelnen Baustein erfassten (zusätzlichen) echten "Vermögensschäden", also die jeweilige "Folge". Eine erste Orientierungshilfe und damit ein guter Überblick hinsichtlich der einzelnen Bausteine ergibt sich aus der jeweiligen Überschrift in Ziff. 4.1 zum Beispiel das "Fehlen von vereinbarten Eigenschaften" oder in Ziff. 4.2 "Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden" etc. Einen ersten Überblick über den Kern des Produkthaftpflicht-Modells und die Ziff. 4 sei nachfolgend in Form einer Übersicht gegeben:
Rz. 60
2. Einzelne Bausteine (Ziff. 4.1–4.6)
a) Personen- und Sachschäden aufgrund von Sachmängeln infolge des Fehlens von vereinbarten Eigenschaften (Ziff. 4.1 des Modells)
Rz. 61
Der Hintergrund der Ziff. 4.1 ist in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung für Mangelfolgeschäden aus der ehemaligen "Zusicherung von Eigenschaften" nach § 463 BGB a.F. zu sehen. Mit der Streichung des § 463 BGB a.F. ist der Sinn des Deckungsbausteins 4.1 durchaus fragwürdig. Mit guten Gründen lässt sich die These vertreten, dass mit dem Wegfall der Haftung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften an sich kein zwingender Bedarf mehr für die Deckungserweiterung besteht. In der Literatur wird bisweilen angeführt, dass sich mit der Streichung des § 463 BGB a.F. die Aufga...