Rz. 158
BGH, Beschl. v. 19.8.2014 – VI ZB 17/13, zfs 2015, 211 = NJW 2014, 3520
a) Der Fall
Rz. 159
Die Klägerin hatte den Beklagten auf Ersatz materiellen Schadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Die Klage ist dem Beklagten am 18.1.2013 zugestellt worden. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hat die Klagforderung am 30.1.2013 ausgeglichen. Mit Schriftsatz vom 31.1.2013 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Das Amtsgericht hat der Klägerin gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde durch Beschluss des Einzelrichters zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 160
Die Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht deshalb unwirksam, weil sie durch den Einzelrichter erfolgt war, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO gebunden.
Rz. 161
Die Rechtsbeschwerde war auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterlag bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hatte der Senat von Amts wegen zu beachten.
Rz. 162
Für das weitere Verfahren wies der Senat darauf hin, dass der Bundesgerichtshof über die Zulassungsfrage bereits entschieden hat. Danach scheidet eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aus, wenn das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung eine für sie günstige Kostenentscheidung erwirken (BGH, Beschl. vom 27.10.2003 – II ZB 38/02, NJW 2004, 223, 224). Dass eine ausdrückliche Klagerücknahme nicht als Erledigungserklärung ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden kann, ist ebenfalls höchstrichterlich geklärt (BGH, Beschl. v. 13.12.2006 – XII ZB 71/04, NJW 2007, 1460 Rn 10 f.).