Rz. 197
Zitat
BGB § 249 Abs. 2 S. 1
1. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.
2. Verlangt der Geschädigte vom Schädiger im Rahmen seiner ihm durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumten Ersetzungsbefugnis den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) für ein beschädigtes Fahrzeug, dann richtet sich der für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert nach dem Wiederbeschaffungsaufwand und nicht nach dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert (Bestätigung Senatsurt. v. 18.7.2017, VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282).
a) Der Fall
Rz. 198
Der Kläger nahm den beklagten Haftpflichtversicherer auf die Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem im Übrigen regulierten Verkehrsunfall, für den die Beklagte allein haftet, in Anspruch.
Der Kläger hatte hinsichtlich seines bei dem Unfall beschädigten Fahrzeugs den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 3.700 EUR (Wiederbeschaffungswert von 5.200 EUR abzüglich Restwert in Höhe von 1.500 EUR) sowie weitere durch das Schadensereignis verursachte Kosten geltend gemacht und von der Beklagten ersetzt erhalten. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers erstattete die Beklagte unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 4.516 EUR (Wiederbeschaffungsaufwand zuzüglich weiterer Kosten). Der Kläger war der Auffassung, die Rechtsanwaltskosten seien aus einem Gegenstandswert von 6.016 EUR zu berechnen, der sich aus dem Wiederbeschaffungswert – ohne Abzug des Restwerts – und den weiteren Kosten zusammensetze. Es stünden ihm daher noch weitere 157,80 EUR zuzüglich Zinsen an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
Rz. 199
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 200
Das Berufungsgericht hatte seine bei BeckRS 2016, 113057 veröffentlichte Entscheidung darauf gestützt, dass der Gegenstandswert, der der Berechnung der Höhe der zu ersetzenden Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legen sei, der berechtigten Schadensersatzforderung gegenüber dem Schädiger entspreche. Dies sei der Wiederbeschaffungsaufwand. Soweit der Kläger geltend mache, er habe seinen Prozessbevollmächtigten auch mit der Restwertverwertung beauftragt, sei kein höherer Gegenstandswert zugrunde zu legen. Benötige der Geschädigte in diesem Zusammenhang juristischen Rat, erfolge dies vielmehr auf eigene Rechnung.
Rz. 201
Diese Erwägungen hielten, wie der Senat zwischenzeitlich in einem Parallelverfahren mit Urt. v. 18.7.2017 (VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282) entschieden hatte, rechtlicher Überprüfung stand. Zur Begründung nahm der Senat zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen vollumfänglich auf die dortigen Entscheidungsgründe Bezug. Entgegen der Auffassung der Revision ergab sich im Streitfall nichts anderes, weil der Kläger geltend machte, seinen Rechtsanwalt auch mit der Restwertverwertung beauftragt zu haben.
Rz. 202
Zur Ermittlung des Restwerts im Rahmen der Berechnung des Wiederbeschaffungsaufwands hat der Senat bereits mit Urt. v. 18.7.2017 ausgeführt:
"Ob und unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass ein Rechtsanwalt Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung und Prüfung des Restwerts entfaltet, zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts im Innenverhältnis zum Mandanten führt, kann ebenfalls dahinstehen. In dem hier maßgeblichen Außenverhältnis, in welchem zur Bezifferung der begründeten Schadensersatzforderung der Restwert abzuziehen ist, können anwaltliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung dieses Abzugspostens nicht den anzusetzenden Gegenstandswert erhöhen."
Rz. 203
Hieran hielt der Senat fest.
Als eigenständige Schadensposition kommen die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Restwertverwertung anfallenden Rechtsverfolgungskosten nur dann in Betracht, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Besondere Umstände wie etwa schwere unfallbedingte Krankheitsfolgen oder auch nur konkrete rechtliche Schwierigkeiten der Restwertverwertung, aufgrund derer der Kläger zur Verwertung des beschädigten Fahrzeugs anwaltlicher Hilfe bedurft hätte, waren im Streitfall weder festgestellt noch vorgetragen. Im Übrigen machte der Kläger eine derartige eigenständige gebührenrechtliche Angelegenheit und Schadensposition auch nicht geltend.