Dr. Wolfgang Kürschner, Karl-Hermann Zoll
Rz. 21
Grundsätzlich ist für die Bemessung des Schadensersatzes der Zeitpunkt der Erfüllung des Schadensersatzanspruches maßgebend. Verfahrensrechtlich ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abzustellen. Der Richter muss daher für diesen Zeitpunkt den bis dahin angelaufenen Schaden feststellen und im Übrigen unter Verwendung der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auch zukünftigen Schaden mitberücksichtigen. Für Rentenansprüche wegen Unfallneurose hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass es nicht angeht, auf eine spätere Abänderungslage nach § 323 ZPO zu verweisen. Grundsätzlich soll der Richter auch den zukünftigen Schaden zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festsetzen. Der Grundsatz, dass die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich sind, gilt nicht uneingeschränkt: Die normative Betrachtungsweise führt in der Rechtsprechung dazu, dass hinsichtlich des merkantilen Minderwertes von Kraftfahrzeugen allein auf die Wertminderung nach der Reparatur und möglichen Wiederingebrauchnahme abgestellt und eine spätere Verringerung der Wertminderung als unbeachtlich erachtet wird.
Rz. 22
Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung muss die Möglichkeit der Wiederherstellung der Sache noch gegeben sein, wenn der Geschädigte Naturalrestitution verlangt. Der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB geht grundsätzlich unter, wenn beispielsweise der Eigentümer die Sache, ehe er seinen Anspruch durchsetzt, veräußert. Denn dann kann der durch § 249 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz (Integritätsinteresse) nicht mehr erreicht werden. Dem Geschädigten verbleibt dann nur der Anspruch auf Geldentschädigung für eine etwaige Vermögenseinbuße nach § 251 BGB (Kompensationsinteresse). Der Bundesgerichtshof hat hiervon eine dogmatisch zwar schwer begründbare, den Praxisbedürfnissen jedoch gerecht werdende Ausnahme zugelassen: Für ein unfallgeschädigtes Kraftfahrzeug verliert ein Geschädigter den Anspruch auf Zahlung der Reparaturkosten nicht schon dadurch, dass er das Fahrzeug in beschädigtem Zustand veräußert. An dieser Rechtsprechung hält der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs fest, obwohl der V. Zivilsenat für den Fall der Veräußerung eines beschädigten Hausgrundstückes inzwischen im gegenteiligen Sinne entschieden hat. Für den Bereich der Kraftfahrzeugschäden hat der Bundesgerichtshof die Dispositionsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich der Verwendung der ihm zustehenden Reparaturkosten hervorgehoben. Der Geschädigte kann schon vor Ausführung der Reparatur gemäß § 249 S. 2 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Es steht ihm frei, wofür er ihn verwendet. Der Geschädigte hat dann auch grundsätzlich die Möglichkeit, das Fahrzeug unrepariert zu veräußern und sodann die Kosten einer jetzt für ihn nur noch fiktiven Instandsetzung ersetzt zu verlangen (vgl. dazu auch ausführlich § 14 Rdn 8 ff.).
Rz. 23
Während nach der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Schadensersatzanspruch auch dann bestehen bleibt, wenn der Geschädigte in Ausübung seiner Dispositionsbefugnis von vorneherein nicht die Absicht der Wiederherstellung hatte, sondern den Schadensersatzbetrag einem anderen Zweck zuführen will, sollen nach einer Entscheidung des Berufungsausschusses der Moselkommission die Kosten der Wiederherstellung eines angefahrenen Dalbens von dessen Eigentümer nicht beansprucht werden können, wenn er beabsichtigt, von der Wiederherstellung abzusehen. Dies widerspricht dem Schadensverständnis nach der Differenztheorie.