Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 70
Im Rahmen der unternehmerischen Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen (näher siehe § 17 Rdn 32 ff.), seien es solche an Personen- oder Kapitalgesellschaften, wird der Testamentsvollstrecker mit gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeklauseln konfrontiert werden. Denkbar ist beispielsweise, dass der Testamentsvollstrecker Abfindungsansprüche von Erben gegen eine Personengesellschaft geltend machen muss, sofern diese im Todesfall nur unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Praxistypische Nachfolgeklauseln bei Personengesellschaften sind auf Fortsetzung unter den übrigen Gesellschaftern gerichtet, sehen Eintrittsrechte vor oder eine Sondererbfolge mittels einer (einfachen oder qualifizierten) Nachfolgeklausel. Hingegen haben sich bei Kapitalgesellschaften Abtretungs- und Einziehungsklauseln etabliert. Im Kontext solcher Nachfolgeklauseln kommt es regelmäßig zu erbschaftsteuerlichen Fragestellungen. Generell sind die verbleibenden Gesellschafter daran interessiert, ob und in welcher Höhe ein erbschaftsteuerlicher Tatbestand verwirklicht ist und ob erbschaftsteuerliche Betriebsvermögensbegünstigungen in Betracht kommen. Gleiches gilt für die in der Gesellschaft verbleibenden Erben, sofern sie die Rechtsnachfolge des verstorbenen Gesellschafters antreten. Aber auch die weichenden Erben haben ein Interesse daran, wie Abfindungsansprüche erbschaftsteuerlich behandelt werden.
Rz. 71
Schon mit der im Nachgang zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 ab dem 1.1.2009 reformierten Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung und der Modifizierung der Bewertungsmethoden wird nicht auszuschließen sein, dass mehr Fälle als bisher geeignet sind, steuerrelevante Tatbestände auszulösen. Betroffen werden insbesondere Fortsetzungs-, Einziehungs- oder Abtretungsklauseln in Kombination mit betragsmäßigen Abfindungsbeschränkungen zu Lasten der weichenden Erben sein. Da der aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklausel zugesprochene Wert aus Perpetuierungsgesichtspunkten in aller Regel deutlich unter dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils liegt, fingiert das Erbschaftsteuergesetz in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und der zu leistenden Abfindung eine Schenkung auf den Todesfall. Dieses Problem hat sich seit dem 1.1.2009 verschärft, da für Gesellschaftsanteile bewertungsrechtlich typisierte Verfahren vorgesehen sind, mit denen eine Gleichstellung des gemeinen Wertes (§§ 9 Abs. 1, 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 BewG) mit dem (vermeintlichen) Verkehrswert erreicht werden soll. Besonders schwer wiegt dabei, dass ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, wozu auch Abfindungsbeschränkungen gehören, bei der bewertungsrechtlichen Wertfindung unberücksichtigt bleiben müssen (§ 9 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 BewG).
Rz. 72
Näher dargestellt werden im Folgenden typische Nachfolgeregelungen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und bei Personengesellschaften. Im Nachgang dazu wird ein Überblick über die Betriebsvermögensbegünstigungen gegeben, wobei sich der Fokus auf konzerntypische Sachverhalte mittelständischer Unternehmen richtet.