Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
1. Fortsetzungsklausel
a) Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung
Rz. 85
Verstirbt der Gesellschafter einer OHG oder der Komplementär einer KG, sieht das Gesetz ein automatisches Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters bei gleichzeitiger Fortsetzung der Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern vor (§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB bzw. § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB). Es kommt zu einem Anwachsungserwerb hinsichtlich der gesamthänderischen Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters zugunsten der verbleibenden Gesellschafter (§§ 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB). Für den oder die Erben des verstorbenen Gesellschafters ergeben sich Abfindungsansprüche aus § 738 Abs. 1 S. 2 BGB, die häufig unter dem Blickwinkel der weitgehend störungsfreien Perpetuierung der Gesellschaft der Höhe oder der Fälligkeit nach beschränkt sind.
b) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Abfindungserwerber
Rz. 86
In Einklang mit den gesellschafts- bzw. zivilrechtlichen Regelungen erwerben der oder die Erben den in der Regel der Höhe nach limitierten Abfindungsanspruch unmittelbar und originär als Erwerb von Todes wegen nach der Grundnorm des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Eine Regelung vergleichbar der in § 10 Abs. 10 ErbStG ist insoweit entbehrlich, da nicht etwa ein Gesellschaftsanteil von Todes wegen auf den oder die Erben übergeht, der gegen eine Abfindung weiterzuleiten wäre. Betriebsvermögensbegünstigungen nach den §§ 13a–c, 19a und 28a ErbStG scheiden von vornherein aus.
c) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die verbleibenden Gesellschafter
Rz. 87
Auch im Bereich der Personenhandelsgesellschaften kommt es aufgrund der seit dem 1.1.2009 geltenden ertragswertorientierten Neuregelungen bei der Bewertung von Betriebsvermögen vermehrt zu steuerrelevanten Tatbeständen, sofern die gesellschaftsvertraglichen Regelungen nur Abfindungen unter den so ermittelten Steuerwerten zulassen. Der sich aus Sicht der verbleibenden Gesellschafter insoweit ergebende Anwachsungserwerb wird unter den Sondertatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG subsumiert, dadurch also eine Schenkung auf den Todesfall des ausscheidenden Gesellschafters an die verbleibenden Gesellschafter fingiert.
Rz. 88
Für die verbleibenden Gesellschafter wird die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 13a–c, 19a und 28a ErbStG auf deren Anwachsungserwerb von Gesamthandsvermögen bejaht. Besondere Vorsicht ist jedoch geboten, sofern der verstorbene Gesellschafter der Gesellschaft (funktional) wesentliches Sonderbetriebsvermögen überlassen hat und dieses qua Gesamtrechtsnachfolge auf den oder die weichenden Erben übergeht. Insoweit kommt es zu einem Auseinanderdriften zwischen dem Erwerb des Gesamthandsvermögens einerseits und dem des Sonderbetriebsvermögens andererseits mit der Folge, dass ertragsteuerlich prinzipiell eine begünstigte Aufgabe eines Mitunternehmeranteils vorliegt. Würde man diese rein ertragsteuerliche Sichtweise ins Erbschaftsteuerrecht transportieren, läge kein begünstigter Erwerb von Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mehr vor, so dass auch die Betriebsvermögensbegünstigungen nach den §§ 13a–c, 19a und 28a ErbStG insgesamt ausscheiden würden.
2. Eintrittsklausel
a) Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung
Rz. 89
Der Gesellschaftsvertrag kann als Modifikation einer Fortsetzungsklausel vorsehen, dass dem oder den Erben das Recht eingeräumt wird, in die Gesellschaft einzutreten. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass zunächst die Rechtsfolgen der Fortsetzung unter den übrigen Mitgesellschaftern eintreten, es also zu einer Anwachsung nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB bei den verbleibenden Gesellschaftern in Kombination mit einem Abfindungsanspruch zugunsten des oder der weichenden Erben kommt. Vielfach wird der Abfindungsanspruch durch entsprechende erbrechtliche Gestaltungen konkret dem oder den optionsbegünstigten Erben zugewiesen, so dass im Falle der Ausübung des Eintrittsrechts gegen die Einlageverpflichtung aufgerechnet werden kann.
b) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Eintrittsberechtigten
Rz. 90
Die Finanzverwaltung vertritt (wohl noch) die Auffassung, dass dem oder den Optionsberechtigten im Falle des Eintritts in die Gesellschaft die Betriebsvermögensbegünstigungen nach den §§ 13a–c, 19a und 28a ErbStG zu gewähren sind. Entscheiden er oder sie sich dagegen, kommt es zu einem nicht begünstigten Erwerb des Abfindungsanspruchs.
Die Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch nicht definitiv gesichert, so dass solche Gestaltungen mit Vorsicht zu genießen sind.