Dr. Michael Nugel, Dipl.-Ing. André Schrickel
Rz. 112
Sollte es im Einzelfall so weit kommen, dass ein Sachverständiger von einer der Parteien abgelehnt werden soll, so richten sich die Voraussetzungen hierfür gem. § 406 Abs. 1 ZPO nach den Anforderungen, welche auch für die Ablehnung eines Richters gelten. Zu unterscheiden ist damit zwischen den absoluten Ablehnungsgründen und der Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit.
Rz. 113
Die absoluten Ablehnungsgründe ergeben sich aus § 41 ZPO, wobei gem. § 406 Abs. 1 S. 2 ZPO eine Ausnahme für den Fall gilt, dass der Sachverständige bereits als Zeuge vernommen worden ist. Während dies nach § 41 Nr. 5 ZPO einen absoluten Ablehnungsgrund für den Richter darstellt, trifft dies auf den Sachverständigen nicht zu.
Rz. 114
Daneben kann der Sachverständige auf wegen der Besorgnis der Befangenheit von den Parteien abgelehnt werden. Erforderlich ist insoweit nach § 406 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO, dass hinreichende Gründe vorliegen, die vom Standpunkt einer vernünftigen Partei aus geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu wecken. Ob der gerichtlich bestellte Sachverständige tatsächlich parteilich ist oder ob das Gericht Zweifel an der Unparteilichkeit hegt, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist allein, ob für die ablehnende Partei ein objektiver Grund besteht, welcher den Anschein einer nicht vollständigen Unvoreingenommenheit und Objektivität begründet.
Rz. 115
Gründe hierfür können dann vorliegen, wenn der Sachverständige ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat oder persönliche und/oder wirtschaftliche Beziehungen zu einer Partei bestehen. Ferner ist i.d.R. ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit gegeben, wenn der Sachverständige früher bereits in derselben oder einer ähnlich gelagerten Angelegenheit tätig gewesen ist.
Rz. 116
Darüber hinaus kann auch das Verhalten des Sachverständigen bei der aktuellen Begutachtung einen Ablehnungsgrund einer Partei begründen, wobei es insoweit jeweils einer Betrachtung des Einzelfalls bedarf, ob sich aus der Erledigung des Gutachterauftrags der Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei ergibt.
Rz. 117
Die Gründe, welche aus Sicht der Partei zu einer Ablehnung des Sachverständigen führen, sind gem. § 406 Abs. 3 ZPO glaubhaft zu machen.
Rz. 118
Muster 12.13: Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit
Muster 12.13: Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit
Beantragen wir,
den Sachverständigen _________________________ wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Die Besorgnis der Befangenheit des gerichtlich bestellten Sachverständigen _________________________ ergibt sich daraus, dass _________________________.
Glaubhaftmachung: _________________________
Nicht erforderlich ist insoweit, dass der Sachverständige tatsächlich parteilich ist oder das Gericht entsprechende Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hat. Vielmehr genügt gem. § 406 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO, wenn eine Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Veranlassung hat, an der Unvoreingenommenheit und Objektivität des Sachverständigen zu zweifeln. Dies ist vorliegend der Fall, da _________________________
Rz. 119
Der Ablehnungsantrag ist gem. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO spätestens binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung bei dem Gericht zu stellen, das den Sachverständigen ernannt hat. Eine Ablehnung nach dieser 2-Wochen-Frist ist gem. § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO nur dann möglich, wenn der Antragsteller glaubhaft machen kann, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn sich der Ablehnungsgrund erst aus dem schriftlichen Gutachten selbst ergibt. In diesem Fall steht den Parteien eine angemessene Frist zur Prüfung des Gutachtens zu, welche allerdings keinen Zeitraum von 5 Wochen in Anspruch nehmen sollte (OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.11.2000 – 9 UF 267/00 = NJW-RR 2001, 1433).