Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 158
Mit dem Kaufpreis bezahlt der Käufer regelmäßig die Möglichkeit, mit dem Zielunternehmen künftig Erträge zu erwirtschaften. Wäre es dem Verkäufer, der i.d.R. die Kunden- und sonstige Geschäftsbeziehungen (mit) aufgebaut hat, erlaubt, dem verkauften Unternehmen Konkurrenz zu machen, wäre die Ertragskraft des Unternehmens wesentlich beeinträchtigt. Aus diesem Grund enthalten die meisten Unternehmenskäufe (sowohl beim Asset Deal als auch beim Share Deal) mehr oder weniger umfangreiche Verpflichtungen des Verkäufers, sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums in der Branche des Zielunternehmens (und ggf. angrenzenden Branchen) des Wettbewerbs zu enthalten.
Rz. 159
Allerdings unterliegen die Parteien bei der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots einer Reihe von Einschränkungen:
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In kartellrechtlicher Hinsicht kann sich ein vertragliches Wettbewerbsverbot als Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB darstellen oder dem Kartellverbot des Art. 101 AEUV unterliegen. |
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Aus zivilrechtlicher Sicht kann die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, wenn es den Verkäufer in sachlich nicht gerechtfertigter Weise und damit übermäßig beschränkt (§ 138 Abs. 1 BGB). Dies ist dann der Fall, wenn das Verbot in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht das erforderliche Maß überschreitet. |
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In zeitlicher Hinsicht ist, in Abhängigkeit vom Einzelfall, eine Befristung zwischen zwei bis fünf Jahren als zulässig erachtet worden. Zu beachten ist, dass ein Wettbewerbsverbot, das zwar in sachlicher und räumlicher Hinsicht angemessen beschränkt ist, aber eine unzulässig lange Dauer hat, auf einen zulässigen Zeitraum geltungserhaltend reduziert werden kann. |
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In räumlicher Hinsicht ist ein Wettbewerbsverbot zulässig, wenn es sich auf das Gebiet bezieht, in dem der Verkäufer bzw. dessen Unternehmen vor dem Vertragsschluss seine Erzeugnisse abgesetzt oder seine Dienstleistungen angeboten hat. Da eine geltungserhaltende Reduktion hier nicht in Betracht kommt, sollte sich der räumliche Geltungsbereich auf den tatsächlichen, aktuellen Tätigkeitsbereich des Unternehmens bzw. des Verkäufers bei Vertragsunterzeichnung bzw. Vollzug beschränken. Das gilt i.Ü. auch für den sachlichen Geltungsbereich, der sich ebenfalls auf den bisherigen unternehmerischen Tätigkeitsbereich des Zielunternehmens zum Zeitpunkt des Vollzugs beschränken sollte. Ausgenommen von dem Verbot wird regelmäßig der Erwerb einer Beteiligung von Aktien oder Anteilen eines Wettbewerbers, sofern eine Beteiligung von 3 %–5 % am Stamm- bzw. Grundkapital nicht überschritten wird. |
Rz. 160
Bei der vertraglichen Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten ist zu regeln, wer Anspruchsinhaber und wer Adressat des Wettbewerbsverbots sein soll. So sollten aus Käufersicht auch mit dem Verkäufer verbundene Unternehmen i.S.v. § 15 AktG bzw., falls es sich um eine natürliche Person handelt, auch nahe Angehörige (z.B. unter Bezugnahme auf § 15 AO) verpflichtet sein. Eine wirksame Verpflichtung dieser Dritten kann nur dadurch erreicht werden, dass diese dem Wettbewerbsverbot als Partei beitreten. Alternativ kann sich der Verkäufer aber auch dazu verpflichten, dafür einzustehen, dass die Dritten sich entsprechend dem Wettbewerbsverbot verhalten. Diese Gestaltung ist für den Käufer weniger günstig, da er keinen direkten Unterlassungsanspruch gegen den Dritten erwirbt. Im Zusammenhang mit der Regelung eines Wettbewerbsverbots ist aus Käufersicht auch an die Aufnahme eines Abwerbeverbots des Verkäufers für Mitarbeiter des Zielunternehmens in den Vertrag zu denken.
Rz. 161
Auch die Rechtsfolgen einer Verletzung des Wettbewerbsverbots sollten eine genaue Regelung erfahren. Üblicherweise vereinbaren die Parteien eine Vertragsstrafe in bestimmter Höhe, die im Fall eines dauerhaften Verstoßes erneut anfällt (z.B. alle 2 Wochen), wobei üblicherweise auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verzichtet wird.
Rz. 162
Unter bilanziellen und steuerlichen Gesichtspunkten ist u.U. zu erwägen, einen Teil des Kaufpreises auf das Wettbewerbsverbot zu allokieren und selbstständig als eigenständiges Wirtschaftsgut abzuschreiben. Dazu muss das Wettbewerbsverbot jedoch explizit als Hauptleistung des Unternehmenskaufs vereinbart werden, ihm muss eine eigene herausgehobene wirtschaftliche Bedeutung zukommen; im Zweifel liegt nur eine Nebenleistung vor.
Hinweis
Dies bietet sich insb. für den Käufer im Rahmen eines Share Deals an, da er ansonsten nur wenig Möglichkeiten zur Erzeugung von Abschreibungsvolumen hat.