Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 106
Käufer und Verkäufer haben gleichermaßen ein Sicherungsinteresse in Bezug auf den Kaufpreis. Dabei geht es zum einen um die Sicherung der Kaufpreiszahlung und zum anderen um die Verwendung des Kaufpreises (bzw. eines Teils davon) als Sicherungsmittel für andere Ansprüche.
aa) Sicherung der Kaufpreiszahlung
Rz. 107
Der Verkäufer wird kaum das Eigentum an Geschäftsanteilen oder Wirtschaftsgütern an den Käufer übertragen wollen, ohne Gewissheit davon zu haben, dass ihm der Kaufpreis tatsächlich in der vereinbarten Höhe zufließt. Umgekehrt hat auch der Käufer ein legitimes Interesse daran, den Kaufpreis nicht "umsonst", d.h. ohne Erhalt der Gegenleistung, zu zahlen.
Rz. 108
Vertragstechnisch gibt es hierfür eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten:
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Zunächst kann sich der Verkäufer durch eine Bürgschaft (insb. eine Bank- oder Konzernbürgschaft) gegen mangelnde Zahlungsfähigkeit des Käufers absichern. Für den Verkäufer i.d.R. weniger günstig sind sog. Patronatserklärungen (Comfort Letters), bei denen ein mit dem Käufer verbundenes Unternehmen (i.d.R. die Muttergesellschaft) erklärt, den Käufer mit den für die Finanzierung des Kaufpreises erforderlichen Mitteln auszustatten. Je nach Formulierung können diese rechtlich unverbindlicher Natur sein ("weiche Patronatserklärung") oder garantieähnliche Wirkung haben ("harte Patronatserklärung"). Die vorgenannten Sicherungsmittel finden v.a. dann Anwendung, wenn es sich bei dem Käufer um strategische Investoren handelt. |
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Handelt es sich bei dem Käufer hingegen um einen Finanzinvestor, so kommen neben (in der Praxis eher seltenen, weil für Fonds nicht darstellbaren) Bankgarantien – in erster Linie Sicherungsmittel wie Fondsgarantien, Finanzierungszusagen oder sog. "Equity Commitment Letters" – in Betracht. Allgemein ist jedoch festzustellen, dass eine Sicherungsstellung durch Finanzinvestoren (insb. Private Equity Fonds) nur in sehr beschränkten Ausnahmefällen möglich ist. |
bb) Kaufpreis als Sicherungsmittel
Rz. 109
Was die Verwendung des Kaufpreises als Sicherungsmittel betrifft, so vereinbaren die Parteien häufig, dass ein Teil des Kaufpreises zur Sicherung der Ansprüche aus Garantien ("Gewährleistungseinbehalt") und sonstigen Ansprüche, insb. Freistellungsansprüchen aus dem Unternehmenskaufvertrag, einbehalten wird.
Die entsprechende Summe wird dazu auf einem Treuhandkonto (Escrow Account) hinterlegt, das ein Notaranderkonto sein kann oder ein Gemeinschaftskonto bei einer Bank, über das Verkäufer und Käufer (bzw. deren Vertreter) nur gemeinsam verfügen können (Und-Konto). In jedem Fall sollte ausdrücklich geregelt werden, wem die Zinsen aus diesen Beträgen zustehen, wie abgerechnet werden soll und insb. wann eine Freigabe der Beträge zu erfolgen hat. Die Höhe des Einbehalts richtet sich nach den zu erwartenden Risiken ab, wobei Beträge i.H.v. 2 % – 25 % des Kaufpreises durchaus üblich sind.
Hinweis
Der Verkäufer wird sich oft das Recht ausbedingen, den auf das Treuhandkonto einzubezahlenden Betrag durch Stellung einer Bankgarantie in entsprechender Höhe ablösen zu können.