Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
1. Einleitung
Rz. 48
Die Unternehmensprüfung in Form der Due Diligence ist die zentrale Informationsquelle beim Unternehmenskauf. Unter dem Begriff Due Diligence versteht man gemeinhin "die Gesamtheit aller Maßnahmen und Aktivitäten zur sorgfältigen Untersuchung des Transaktionsgegenstandes mit dem Ziel der Verbesserung der Entscheidungsqualität". Durch sie gewinnt der Prüfende einen (mehr oder weniger) tiefen Einblick in das Zielunternehmen. Neben der Einsicht in (meist vertrauliche) Unterlagen des Unternehmens erhält der Käufer bei einer Due Diligence auch Informationen in Form von Managementpräsentationen und führt Gespräche mit den Führungskräften der Zielgesellschaft und Werksbesichtigungen durch.
2. Arten
a) Käufer- und Verkäufer-Due Diligence
Rz. 49
Eine Due Diligence wird i.d.R. durch den potenziellen Erwerber initiiert und durchgeführt (Käufer-Due Diligence). Der Käufer bedient sich dabei in erster Linie seiner Berater (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Unternehmensberater, technische Fachleute). Daneben ist, v.a. bei strategischen Erwerbern, häufig auch qualifiziertes technisches und kaufmännisches Personal des Erwerbers an der Unternehmensprüfung beteiligt.
Rz. 50
Zur Vorbereitung und Optimierung der Verkaufsverhandlungen kann es sinnvoll sein, dass der Verkäufer schon vor Einleitung des Verkaufsprozesses durch von ihm beauftragte Berater eine interne Prüfung des Zielunternehmens durchführen lässt (Verkäufer- oder Vendor’s Due Diligence). Diese kann Schwachstellen im Unternehmen aufdecken. Soweit diese "reparabel" sind, können sie noch vor Einleitung des eigentlichen Verkaufsprozesses behoben werden. Mängel des Unternehmens, die nicht behebbar sind, können, soweit strategisch sinnvoll, dem potenziellen Käufer frühzeitig kommuniziert werden. Dies schafft ein Klima der Offenheit und des Vertrauens und nimmt dem Käufer die Möglichkeit, in einem späteren Stadium bei den Kaufpreisverhandlungen "nachzukarten". Darüber hinaus ist ein gut strukturierter Vendor’s Due Diligence Bericht eine wertvolle Orientierungshilfe für den Käufer und seine Berater, kann aber nie eine sorgfältige eigene Prüfung ersetzen.
b) Prüfungsgegenstand und Informationsquellen
Rz. 51
Je nach Schwerpunkt der Prüfung können verschiedene Arten der Due Diligence unterschieden werden:
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Legal Due Diligence: Bei der rechtlichen oder Legal Due Diligence wird das Zielunternehmen auf offene und versteckte Haftungs- und anderen rechtliche Risiken überprüft. Neben den für das Unternehmen wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen (insbesondere dem lückenlosen Nachweis der Eigentumsverhältnisse an dem Zielunternehmen, sog. Chain of Title) und vertraglichen Beziehungen (insb. Kunden- und Lieferantenverträge, Dauerschuldverhältnisse) werden auch die (öffentlich-)rechtlichen Rahmenbedingungen betrachtet. Darüber erfolgt auch eine Evaluation der rechtlichen Folgen der geplanten Transaktion bzw. des Inhaberwechsels selbst (insb. Sonderkündigungsrechte bei Wechsel des Gesellschafters, Change-of-Control) und einer Beteiligung für das erwerbende Unternehmen (insb. auf arbeitsrechtlicher Ebene). |
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Tax Due Diligence: Die steuerrechtliche oder Tax Due Diligence prüft und bewertet die vergangenen, gegenwärtigen und künftigen steuerlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft und die möglichen steuerrechtlichen Auswirkungen der geplanten Transaktion. |
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Financial Due Diligence: Eine Financial Due Diligence analysiert die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen des Kaufgegenstandes anhand der zur Verfügung gestellten Kennzahlen (z.B. Jahres- und Zwischenabschlüsse, Reportings, monatliche oder quartalsweise Soll/Ist-Umsatz- und Ergebnisplanungen). Als Teil der Financial Due Diligence (z.T. auch als eigenständige Due Diligence) untersucht die Commercial Due Diligence das Marktumfeld und die Wettbewerbssituation des Zielunternehmens. |
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Environmental Due Diligence: Insb. im produzierenden Gewerbe kann eine Prüfung des Zielunternehmens auf Umweltrisiken (z.B. Kontaminationen) angezeigt sein. Dabei wird v.a. ermittelt, ob aktuelle gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden. |
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ESG Due Diligence: Prüfen des Zielobjekts in Bezug auf die sog. ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance), die insbesondere Nachhaltigkeitsaspekte beleuchten. |
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Technical Due Diligence: Auch diese Prüfung ist nicht in allen Branchen üblich und erforderlich. Untersucht werden der technische Stand der Fertigung und der Endprodukte sowie Möglichkeiten und Notwendigkeiten der technischen Weiterentwicklung. |
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Insurance Due Diligence: Bei dieser Prüfung, die ebenfalls nicht bei allen Transaktionen... |