Rz. 32
Möglich sind auch Teilabfindungsvergleiche, z.B. nur über das Schmerzensgeld bzw. bestimmte materielle Schadensersatzansprüche, Verdienstausfall bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder überhaupt nur über bestimmte Zeiträume oder bestimmte Ansprüche. Diese regeln einen Schadensersatz lediglich für einzelne Schadenspositionen oder Zeiträume und können unter dem Eintritt einer Bedingung stehen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein sog. Teilschmerzensgeld grundsätzlich nur dann zulässig ist, wenn die zukünftige Entwicklung noch nicht vollständig überschaubar ist. In diesen Fällen wird i.d.R. ein entsprechender Vorbehalt in die Abfindungserklärung mit aufgenommen, wonach bestimmte Ansprüche nicht erfasst werden. Dabei kann auch ein Vorbehalt bzgl. voraussehbarer Verschlimmerungen vereinbart bzw. durch Auslegung ermittelt werden und sich ggf. auf einen Zeitablauf beschränken (Nugel, zfs 2006, 193; dazu im Einzelnen Berg, NZV 2010, 63; Terbille, VersR 2005, 37).
Rz. 33
Tipp
Ein Vorbehalt sollte immer so genau wie möglich beschrieben sein. Unklare Formulierungen wie z.B. "bei wesentlicher Verschlechterung" sind einer Vielzahl von Wertungen zugänglich und fördern im Zweifel neue Rechtsstreitigkeiten. Geht es z.B. darum, dass bestimmte Verletzungsfolgen ausgenommen werden sollen, so sind diese so präzise wie möglich anzuführen, wie z.B. "Für den Fall der Amputation des rechten Armes" oder "Für den Fall, dass die unfallbedingte Minderung der Erwerbsunfähigkeit den Wert von … % dauerhaft übersteigt". Bei dem Anstieg der MdE ist darauf zu achten, dass dieser mindestens 10 % betragen sollte, um die Schwankungsbreite ärztlicher Beurteilungen ausreichend zu erfassen.
Bei einem Vorbehalt weiterer Ansprüche in einem (Teil-)Abfindungsvergleich ist zu beachten, dass dieser Vorbehalt nicht vor der (nach drei Jahren eintretenden) Verjährung schützt, sondern gesondert durch eine titelersetzende Feststellungserklärung oder einen Verjährungsverzicht für eine Absicherung gegen die Verjährung zu sorgen ist (vgl. Rdn 70 ff. und Rdn 165 ff.).
Rz. 34
Eine Besonderheit gibt es bei Abschluss eines Teilvergleiches nach Klageerhebung: Die Klausel in einem Regulierungsvergleich des Geschädigten mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer, dass Ansprüche wegen bestimmter künftiger Schäden ausgenommen bleiben sollen, bewirkt eine "konstitutive Befreiung" von der Verjährungseinrede, wenn mit ihr der Zweck verfolgt wird, den Geschädigten zur Rücknahme einer bereits anhängigen Klage zu bewegen (OLG Oldenburg zfs 1997, 449). Der Versicherer hat sich auf den Vorbehalt eingelassen, was bedeutet, dass er seine Eintrittspflicht zumindest deklaratorisch anerkannt hat. Wenn damit eine weitergehende Feststellungsklage abgewendet werden soll, greift eine später erhobene Verjährungseinrede also nicht durch (so auch BGH VersR 1985, 62; 1986, 684).