Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungsvergleich unter Vorbehalt beendet Verjährungshemmung
Normenkette
BGB a.F. §§ 214, 218 Abs. 1; PflVG a.F. § 3 Nr. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 14.09.2010) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 14.9.2010 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin wurde am 23.8.1996 bei einem Verkehrsunfall durch den Versicherungsnehmer der Beklagten schwer verletzt. Die volle Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Nach längeren Verhandlungen kam es am 15.4.1999 zwischen der anwaltlich vertretenen Klägerin und der Beklagten zu einer Vergleichs- und Abfindungserklärung. Danach verzichtete die Klägerin bei Zahlung eines Betrags von 82.000 DM bis zum 14.5.1999 auf alle jetzigen und künftigen Ansprüche aus dem Schadensfall. Handschriftlich ist in das Formular eingefügt "Einschränkungen s. Schreiben ... [A] vom 12.3.1999 und 30.3.1999". Wegen des genauen Wortlauts der Vergleichs- und Abfindungserklärung wird auf Bl. 25 GA Bezug genommen. In dem Schreiben vom 12.3.1999 (Bl. 26 GA) werden weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, dass eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands der Klägerin eintritt, sowie unfallbedingte Verdienstausfallansprüche ab 8.3.1999 von der Abfindungserklärung ausgenommen. Im Schreiben vom 30.3.1999 werden sämtliche materiellen Zukunftsschäden von dem Vergleichsabschluss ausgenommen.
Der Abfindungsbetrag wurde an die Klägerin ausgezahlt. Nach dem Vortrag der Klägerin wurde im November 2007 festgestellt, dass sie sich unfallbedingt einer Hüftoperation unterziehen muss. Die Beklagte verneinte vorgerichtlich ihre Eintrittspflicht und beruft sich auf Verjährung.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte auch nach der Vergleichs- und Abfindungserklärung für Schäden aus dem Unfall vom 23.8.1996 aufkommen müsse. Die Beklagte habe sie wie bei einem Feststellungsurteil von der Verjährungseinrede konstitutiv befreit. Ihr sei es darauf angekommen, noch nicht absehbare Schäden weiterhin geltend machen zu können.
Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Verkehrsunfall vom 23.8.1996 auf der B.. zwischen ... [X] und ... [Y] mit dem Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtver-sicherten Pkw's, Herrn ... [B], amtliches Kennzeichen ... noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Die Klägerin fordert außerdem Freistellung von Anwaltskosten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, sie habe weder ausdrücklich noch konkludent auf die Verjährungseinrede verzichtet. Auch seien Ansprüche der Klägerin nicht deklaratorisch oder konstitutiv anerkannt worden.
Das LG hat nach der Vernehmung von Zeugen und der Anhörung der Klägerin der Klage stattgegeben. Durch das Unterzeichnen der Vergleichs- und Abfindungserklärung sei der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Zukunftsschadens wie bei einem Feststellungsurteil gem. § 218 BGB a.F. von der Verjährungseinrede der Beklagten befreit worden. Der Klägerin sei es ganz entscheidend auf die Übernahme der Zukunftsschäden angekommen, ansonsten hätte sie Klage erhoben.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage weiterverfolgt. Hilfsweise beantragt sie, die Einstandspflicht der Beklagten auf die Mindestversicherungssumme nach § 4 Abs. 2 PflVG i.V.m. der Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG, in der am Unfalltag gültigen Fassung, zu begrenzen.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Dem Feststellungsantrag der Klägerin steht die Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) entgegen.
1. Der Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 15.4.1999 ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Zweck ein schuldumschaffendes konstitutives Anerkenntnis (§ 781 BGB) zu entnehmen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Parteien für die materiellen und immateriellen Zukunftsschäden eine von dem Haftungsgrund losgelöste selbständige Haftungsgrundlage schaffen wollten. In der Vergleichs- und Abfindungserklärung wird deutlich auf den Schuldgrund (Verletzung am 23.8.1996) und den dadurch erlittenen Schaden hingewiesen und auf weitere Ansprüche aus dem "oben erwähnten Schadensfall" mit der aufgenommenen Einschränkung verzichtet. Damit war eine eindeutige Zuordnung zu dem Schadensfall hergestellt (BGH VersR 2003, 452 ff.; OLG Rostock r + s 2011, 490 ff.). Die Haftung der Beklagten war nicht streitig. Dann bedurfte es nicht der Schaffung einer selbständigen Haftun...