Rz. 70
Zugleich kann es erforderlich sein, in geeigneter Form den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Ein Zukunftsschadensvorbehalt ist ein deklaratorisches Anerkenntnis und führt zum Neubeginn der Verjährung gem. § 212 BGB (BGH DAR 1992, 375). Sie tritt also unwiderruflich ein, wenn in den folgenden drei Jahren nichts zur Hemmung oder zum Neubeginn der Verjährung getan wird.
Rz. 71
Nur ein gerichtliches Feststellungsurteil unterliegt gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB einer 30-jährigen Verjährungsfrist und verhindert demnach in dieser Zeit den Eintritt der Verjährung. Diese Wirkung kann auch durch übereinstimmende Erklärung beider Vertragsparteien erzielt werden, sich so behandeln zu lassen, als wäre ein gerichtliches Feststellungsurteil ergangen (vgl. zu den verjährungsrechtlichen Auswirkungen einer solchen Erklärung BGH DAR 1998, 447).
Rz. 72
Der im Zusammenhang mit einer Abfindungserklärung abgegebene Einredeverzicht bezüglich der Verjährung kann dann als Befreiung von der Verjährungseinrede wie bei einem Feststellungsurteil ("Titelersetzendes Anerkenntnis") ausgelegt werden. In einem solchen Fall beträgt die Verjährung nicht mehr drei, sondern 30 Jahre.
Rz. 73
Unabhängig davon entfällt aber nicht etwa deshalb das Feststellungsinteresse des Geschädigten, weil der Haftpflichtversicherer auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat. Muss der Geschädigte auch zukünftig mit Spät- oder Dauerschäden rechnen, bleibt sein Feststellungsinteresse bestehen (KG Berlin r+s 2018, 503; OLG Hamm NZV 2000, 374). Ein Feststellungsinteresse besteht auch dann, wenn der Schädiger zwar seine Verpflichtung anerkannt hat, für den entstandenen Schaden einzustehen, aber nach Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche das Entstehen weiterer Schäden bestreitet (KG Berlin r+s 2018, 503).
Rz. 74
Es reicht auch nicht aus, lediglich den Satz aufzunehmen: "Vorbehalten bleiben materielle Zukunftsansprüche mit einer Quote von … %." Nach ständiger Rechtsprechung des BGH schließt zwar die Angabe eines nur allgemein bezeichneten Schuldgrundes die Annahme eines selbstständigen Schuldanerkenntnisses nicht aus (BGH WM 1962, 1138 ff.). Im Zweifel kann aber nicht von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgegangen werden, wenn – wie bei dem vorstehenden Beispiel – auf den Schuldgrund ausdrücklich hingewiesen wird (BGH NJW 1990, 2678 ff.).
Rz. 75
In solchen Fällen kann demnach nicht unterstellt werden, die Parteien hätten ein von dem Schuldgrund der Haftung für den Verkehrsunfall losgelöstes selbstständiges Zahlungsversprechen des Schädigers vereinbaren wollen (BGH zfs 2003, 281 ff.). Die Festschreibung nur einer Quote führt demnach nicht zur Schaffung des neuen Schuldgrundes einer vertraglichen Vereinbarung. Wenn also in der Abfindungsvereinbarung kein Verjährungsverzicht für zukünftige Ansprüche aufgenommen worden ist, tritt nach drei Jahren unabänderlich Verjährung aller weiteren Zukunftsschäden ein. Die Interessenlage des Geschädigten allein reicht für eine andere rechtliche Beurteilung dann nicht aus (BGH zfs 2003, 281 ff.).
Rz. 76
Tipp
Das wird oft mit schicksalhaften Folgen vergessen. Daher sollte einem Zukunftsschadensvorbehalt stets der Satz hinzugesetzt werden:
"[Anerkenntnis]… mit der Wirkung eines (gerichtlichen) Feststellungsurteils."
Ein zeitlich verkürzter Verjährungsverzicht für Zukunftsschäden, etwa auf fünf Jahre, sollte nie akzeptiert werden. Bei einem berechtigten Zukunftsschadensvorbehalt hat der Geschädigte Anspruch auf ein Feststellungsurteil oder eine Vereinbarung, die dieses ersetzt.