Rz. 1

Die Wohnungseigentümer schulden sich – anders als nach dem früheren Recht – wechselseitig keine ordnungsmäßige Verwaltung; in Bezug auf die Verwaltung läuft alles über die Gemeinschaft (→ § 6 Rdn 1). Das ändert aber nichts daran, dass nach wie vor zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine schuldrechtliche Sonderverbindung (das Gemeinschaftsverhältnis) besteht, aus der ein allgemeines Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme mit Handlungs- und Unterlassungspflichten folgt.[1] Der Verstoß gegen diese Pflichten führt gem. § 280 Abs. 1 BGB zur Schadensersatzhaftung.

 

Rz. 2

 

Beispiel

Die Lebensgefährtin des Miteigentümers A beleidigt ständig die Mieter des Miteigentümers B, sodass diese schließlich ausziehen. B kann von A Ersatz des Mietausfallschadens verlangen.[2]

 

Rz. 3

Zahlungsverzug stellt eine typische Pflichtverletzung von Wohnungseigentümern dar. Das Ausbleiben von Hausgeld kann in krassen Fällen zur Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschaft und infolgedessen zu Vermögensschäden bei Miteigentümern führen, wenn bspw. die Wasserversorgung gesperrt wird mit der Folge, dass Wohnungsmieter die Mietzahlung einstellen. Der BGH lehnte bislang Ersatzansprüche der geschädigten Miteigentümer gegen den verursachenden (zahlungssäumigen) Miteigentümer ab, weil die Pflicht zur Hausgeldzahlung nicht gegenüber den Miteigentümern, sondern nur gegenüber der Gemeinschaft bestünde.[3] Dem ist im Ergebnis aber zu widersprechen. Die Haftung ergibt sich nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation.[4]

 

Rz. 4

Beschädigt ein Miteigentümer fremdes Sondereigentum, haftet er dem Geschädigten gem. § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.[5] Wenn aber die Gebäudeversicherung eintrittspflichtig ist, muss der geschädigte Wohnungseigentümer zuerst diese in Anspruch nehmen.

 

Rz. 5

 

Beispiele: Wasserschäden im Sondereigentum, schuldhaft verursacht

Ausgangsfall: Eigentümer schädigt Eigentümer

Wohnungseigentümer A verursacht leicht fahrlässig einen Wasserschaden in der Wohnung des Wohnungseigentümers B. Die von der WEG unterhaltene Gebäudeversicherung ist eintrittspflichtig. B verlangt von A Schadensersatz für die ihm entstandenen Kosten (Schadensfeststellung, Ersatzunterkunft, Wohnungssanierung). – Ohne Erfolg. Zwar liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gem. §§ 823, 249 ff. BGB tatbestandlich vor. Aber aus der zwischen A und B als Wohnungseigentümern bestehenden Treue- und Rücksichtnahmepflicht folgt, dass B sich an die Gebäudeversicherung halten und deren Regulierung abwarten muss, anstatt A zu behelligen.[6] Ein zweifelhaftes Ergebnis, das zum Schutz des A gar nicht erforderlich ist: A hätte sowohl von seiner Haftpflichtversicherung,[7] als auch (unter Einbeziehung des Verwalters) von der Wohngebäudeversicherung die Regulierung der Ansprüche des B verlangen können.[8] Außerdem ist B gem. Teil B (Gemeinsamer Allgemeiner Teil usw.) Nr. 4.9.1 der VGB 2017 gar nicht befugt, ohne Ermächtigung des Verwalters Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen.[9] (Näher zum Leitungswasserschaden → § 12 Rdn 50).

Variante: Mieter schädigt Eigentümer

Mieter M des Wohnungseigentümers A verursacht leicht fahrlässig einen Wasserschaden in der Wohnung des Eigentümers B. Hat B Ansprüche gegen A (insbesondere wegen etwaiger von der Gebäudeversicherung nicht übernommener Schäden)? – Das kommt darauf an: Nach einem Urteil des BGH haftet der vermietende Eigentümer (hier: A) nicht als Zustandsstörer, wenn der Schaden zwar von einem in seinem Eigentum stehenden Bauteil bzw. Gerät ausgeht, aber allein auf eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters zurückzuführen ist. Nur wenn feststeht, dass die Beschaffenheit des Bauteils bzw. Geräts nicht ordnungsgemäß war und für den Schadenseintritt zumindest mitursächlich gewesen sein kann, kann der Schaden in wertender Betrachtung gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (auch) dem Eigentümer zuzurechnen sein.[10] Nach hier vertretener Auffassung kommt es indes nicht auf § 906 Abs. 2 BGB an, sondern haftet A gem. § 280 Abs. 1 BGB, weil er sich das Verschulden seines Mieters gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss (→ § 3 Rdn 76).

[1] BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, NZM 2010, 556; BeckOK WEG/Müller § 10 Rn 33, 38 ff.
[4] So auch Staudinger/Häublein, § 28 Rn 264a.
[5] AG Pinneberg v. 11.6.2018 – 60 C 40/17, ZWE 2018, 451.
[6] BGH v. 10.11.2006 – V ZR 62/06, WuM 2007, 33 ("sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme des Schädigers durch den Geschädigten rechtfertigen"); LG Hamburg v. 15.11.2012 – 318 S 215/10, ZMR 2013, 216.
[7] § 100 VVG: Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen […] und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
[8] Hierauf weist auch Staudinger/Kreuzer, § 10 Rn 32 hin.
[9] Greiner, Der Leitungswasserschaden in der Verwaltungspraxis, NZM 2013, 481, 485 f., zur glei...

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