Rz. 77
Bei den Hausgeldrückständen, die schon vor der Insolvenzeröffnung fällig waren, ist zu differenzieren: Die in Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG fallenden (privilegierten) dinglichen Hausgeldforderungen (Rückstände der letzten 2 Jahre), ermöglichen gem. § 49 InsO die abgesonderte Befriedigung im Rahmen der Immobiliarvollstreckung (→ § 9 Rdn 89). Daraus ergibt sich die praktische Handlungsanweisung, dass der Insolvenzverwalter zur Bezahlung dieser Rückstände unter Hinweis auf die Möglichkeit abgesonderter Befriedigung aufzufordern ist. Kommt er der Aufforderung nicht nach, sollte die Gemeinschaft die Zwangsversteigerung betreiben. Die Anmeldung zur Insolvenztabelle wäre hingegen verfehlt.
Rz. 78
Die übrigen, nicht privilegierten Rückstände sind einfache Insolvenzforderungen. Solche Insolvenzforderungen werden in einer Tabelle gesammelt. Die zur Verteilung stehende Masse wird zum Abschluss des Insolvenzverfahrens entsprechend der Tabelle gleichmäßig an die Gläubiger verteilt. Der WEG-Verwalter kann Insolvenzforderungen der WEG zur Tabelle anmelden, wozu er i.d.R. unter Beifügung von Formularen aufgefordert wird, wenn er sich beim Insolvenzverwalter gemeldet hat. Da allerdings die zu erwartende Quote erfahrungsgemäß gering ist (0–10 %), wird der WEG-Verwalter im Einzelfall je nach Höhe der anzumeldenden Rückstände entscheiden, ob sich der Aufwand der Anmeldung überhaupt lohnt. Wenn er die Anmeldung einem Rechtsanwalt überträgt, fällt für diesen eine 0,5-Gebühr an (Nr. 3320 RVG-VV). Bei einer angemeldeten Forderung von 500,00 EUR (höhere "nicht privilegierte" – also mehr als 2 Jahre alte – Rückstände sollten bei einer geordneten Verwaltung gar nicht aufgelaufen sein) betragen die Rechtsanwaltsgebühren konkret 34,99 EUR (sofern der Rechtsanwalt bereit ist, ohne Gebührenvereinbarung tätig zu werden), also in etwa so viel, als die zu erwartende Quote beträgt. Ein Verwalter müsste die Anmeldung zwar auch ohne anwaltliche Hilfe hinbekommen, wird diesbezüglich aber auch nicht kostenfrei tätig werden; selbst bei einem geringen Stundensatz und wenig Zeitaufwand wird die Verwaltervergütung die zu erwartende Quote übersteigen. Daher ist die Frage, ob sich die Anmeldung lohnt, klar zu verneinen.
Rz. 79
Praxistipp
Ist ein Wohnungseigentümer in die Insolvenz gefallen, hat der WEG-Verwalter zusammengefasst Folgendes zu tun:
1. Den Insolvenzverwalter anschreiben und Zahlung verlangen wie folgt:
a) Laufendes Hausgeld (Vorschüsse) ab Insolvenzeröffnung. Falls weder Zahlung erfolgt noch die Masseunzulänglichkeit angezeigt wird: Klage erheben.
b) Privilegierte Rückstände. Falls keine Zahlung erfolgt, Zwangsversteigerung beantragen. Hierfür ggf. Titel umschreiben lassen (falls schon einer vorhanden ist) oder zuvor Klage auf Duldung der Zwangsversteigerung erheben (→ § 9 Rdn 90).
2. Falls ältere (nicht privilegierte) Rückstände bestehen: Prüfen, ob sich eine Anmeldung zur Tabelle lohnt (→ § 12 Rdn 78).