Rz. 67

Die Terminsgebühr kann auch dann anfallen, wenn es nicht zu einem gerichtlichen Termin kommt, der Anwalt aber an einem von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termin teilnimmt (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 VV).

 

Rz. 68

Voraussetzung für die Terminsgebühr ist in diesem Falle die Teilnahme am Sachverständigentermin. Die bloße Entgegennahme des Beweisbeschlusses reicht nicht aus.

 

Rz. 69

Der Hauptanwendungsfall dieser Variante liegt im selbstständigen Beweisverfahren, bei dem es häufig zu einem Sachverständigentermin kommt, nicht aber zu einem gerichtlichen Termin (siehe hierzu § 12 Rdn 23).

 

Rz. 70

Im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren kommt diese Variante insbesondere dann zur Anwendung, wenn aufgrund eines vorbereitenden Beweisbeschlusses gem. § 358a ZPO ein Sachverständigentermin durchgeführt wird und es anschließend nicht mehr zur Verhandlung kommt.

 

Beispiel 27: Gerichtliches Verfahren, Teilnahme an Sachverständigentermin

In einem Mieterhöhungsprozess (Wert: 1.200,00 EUR) erlässt das Gericht nach § 358a ZPO vorbereitend einen Beweisbeschluss. Der Sachverständige beraumt daraufhin einen Ortstermin in der Wohnung an, an dem beide Anwälte teilnehmen. Das Gutachten kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Mieterhöhung völlig unbegründet sei. Die Klage wird daraufhin zurückgenommen.

Obwohl es nicht zu einem gerichtlichen Termin gekommen ist, haben beide Anwälte nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 VV die Terminsgebühr verdient, da sie an einem von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termin teilgenommen haben.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   165,10 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   152,40 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 337,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   64,13 EUR
Gesamt   401,63 EUR
 

Rz. 71

Von Bedeutung ist diese Variante auch dann, wenn der Anwalt erst im Verlaufe des Verfahrens beauftragt wird und nur noch an einem Sachverständigentermin teilnimmt, weil sich das Verfahren danach erledigt (z.B. durch Klagerücknahme).

 

Beispiel 28: Teilnahme an Sachverständigentermin, anschließende Klagerücknahme (I)

In einem Rechtsstreit (Wert: 10.000,00 EUR) erlässt das Gericht einen Beweisbeschluss, nach dem ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wird. Hiernach beauftragt der Beklagte einen Anwalt, der an dem vom Sachverständigen anberaumten Termin teilnimmt. Später wird die Klage zurückgenommen, ohne dass es nochmals zu einer mündlichen Verhandlung kommt.

Da der Anwalt des Beklagten zwar nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, dafür aber an dem Sachverständigentermin, ist für ihn die Terminsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 VV entstanden.

Abzurechnen ist wie im Beispiel 7.

 

Rz. 72

Bedeutung kann ein Sachverständigentermin trotz nachfolgender Verhandlung auch dann haben, wenn die Klage nach dem Sachverständigentermin teilweise zurückgenommen worden ist.

 

Beispiel 29: Teilnahme an Sachverständigentermin, anschließende Teilklagerücknahme (II)

In einem Rechtsstreit wegen Baumängeln im Umfang von 10.000,00 EUR erlässt das Gericht gem. § 358a ZPO einen Beweisbeschluss, nach dem ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wird. Der Anwalt nimmt am Sachverständigentermin teil. Der Sachverständige bestätigt nur Mängel in Höhe von 6.000,00 EUR, sodass die Klage in Höhe von 4.000,00 EUR zurückgenommen und darüber verhandelt wird.

Die Terminsgebühr für die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins wäre wegen der vorherigen Klagerücknahme nur nach dem Wert von 6.000,00 EUR angefallen. Da der Anwalt jedoch schon am Sachverständigentermin teilgenommen hat, ist für ihn die Terminsgebühr aus dem vollen Wert von 10.000,00 EUR angefallen, sodass dieser trotz des gerichtlichen Verhandlungstermins Bedeutung behält.

Abzurechnen ist wie im Beispiel 28.

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