Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 326
Nach § 1600d Abs. 5 BGB besteht ein materiell-rechtliches Verbot, familien- und erbrechtliche Ansprüche im Verhältnis zwischen Vater und Kind bzw. auch gegenüber einem Dritten bis zur Rechtskraft des die nichteheliche Vaterschaft feststellenden Beschlusses geltend zu machen. Klagt der Pflichtteilsberechtigte daher vor Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft auf den Pflichtteil, ist die Klage nicht nur als unzulässig, sondern vielmehr auch als unbegründet zurückzuweisen.
Rz. 327
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wann der Pflichtteilsanspruch des nichtehelichen Abkömmlings verjährt, wenn die Vaterschaft bislang nicht anerkannt wurde. Bei § 1600d Abs. 5 BGB handelt es sich einerseits um eine Rechtsausübungssperre, andererseits hindert dies jedoch nicht die Entstehung anderer, z.B. erbrechtlicher Ansprüche. Nach § 2317 BGB entsteht der Pflichtteilsanspruch auch grundsätzlich mit dem Erbfall. Aufgrund der Sperrwirkung des § 1600d Abs. 5 BGB kann der nichteheliche Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsanspruch aber nicht geltend machen, solange die Vaterschaft zum Erblasser nicht rechtskräftig festgestellt ist. Würde man für den Beginn der Verjährung beim Pflichtteilsberechtigten allein auf allgemeinen Verjährungsregeln abstellen, so könnte dies theoretisch dazu führen, dass der Pflichtteilsanspruch verjährt ist, bevor der nichteheliche Abkömmling die Möglichkeit hatte, die Vaterschaft feststellen zu lassen.
Rz. 328
Der BGH hat festgestellt, dass ein Pflichtteilsanspruch eines nichtehelichen Kindes nach seinem Vater erst dann besteht, wenn die Vaterschaft festgestellt ist. Weiter hat der BGH entschieden, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2329 BGB auch bei ungeklärtem Vaterschaftsfeststellungsverfahren ab Erbfall verjährt. Weitere höchstrichterliche erbrechtliche Entscheidungen zur Vaterschaftsfeststellung liegen nicht vor. Entschieden ist aber dagegen die Frage des Einflusses des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens auf die Verjährung von Unterhaltsansprüchen eines nichtehelichen Kindes. Hier besteht seitens der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass die Verjährung des Unterhaltsanspruchs nicht vor rechtskräftiger Entscheidung über die Vaterschaft beginnt.
Rz. 329
Für die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs kann daher nichts anderes gelten. Aufgrund der gleichen Sachlage kann die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs auch erst mit rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft beginnen. Auf den Beginn der Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB hat die Sperrwirkung des § 1600d BGB hingegen keinen Einfluss.