Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 318
Gerade die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen erstreckt sich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum hinweg. Da dem Pflichtteilsanspruch als reinem Geldanspruch die Bewertung des Nachlasses zugrunde liegt und diese i.d.R. streitig ist, wird seitens der Parteien oftmals über einen längeren Zeitraum hinweg über die erstellten Gutachten verhandelt. Nach § 203 BGB ist die Verjährung dann gehemmt, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben. Dies gilt so lange, bis eine der Parteien die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Nach § 203 S. 2 BGB tritt die Verjährung dann drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein. § 203 S. 2 BGB sieht daher eine besondere Ablaufhemmung vor.
Rz. 319
Fraglich ist allerdings, wann zwischen den Parteien Verhandlungen schweben und wann dieser Zustand beendet ist. So wird es grundsätzlich als ausreichend angesehen, wenn seitens des Erben die Bereitschaft zur Aufklärung des Sachverhalts signalisiert wird. Aus Beweisgründen ist es jedoch ratsam, dass sich der Pflichtteilsberechtigte von der Gegenseite, sofern diese nicht bereit ist, den Anspruch anzuerkennen, wenigstens das Schweben von Verhandlungen bestätigen lässt. So liegen schwebende Verhandlungen auch dann vor, wenn der Pflichtteilsschuldner Erklärungen abgibt, die dem Pflichtteilsberechtigten die Annahme gestatten, dass der Schuldner sich auf die Berechtigung des Pflichtteilsanspruchs einlässt. Dabei ist jedoch nicht erforderlich, dass seitens des Schuldners eine Vergleichsbereitschaft besteht. Wichtig ist hierbei, dass für ein Verhandeln ein Verhalten des Schuldners vorliegt, das über eine bloße Erfüllungsverweigerung hinausgeht. Keine schwebenden Verhandlungen liegen allerdings vor, wenn der Schuldner den Anspruch eindeutig zurückgewiesen hat und er auf erneutes Schreiben des Pflichtteilsberechtigten dergestalt erwidert, dass er derzeit keine Veranlassung zur erneuten Überprüfung des Anspruchs sieht.
Rz. 320
Schwierig gestaltet sich auch die Frage, wann die Verhandlungen tatsächlich beendet sind. Kommen die Gespräche oder die Korrespondenz ohne ausdrückliche Erklärung über das Ende der Verhandlungsbereitschaft zum Erliegen, so stellt sich das Problem, wann der Zeitpunkt für das Ende der Verhandlungen festzulegen ist. Es bietet sich hier an, dass der Pflichtteilsschuldner, der vorrangig an einem Lauf der Verjährungsfrist Interesse hat, dem Gegner nach einem solchen Einschlafen der Gespräche ausdrücklich das Scheitern der Verhandlungen und das Ende seiner Verhandlungsbereitschaft mitteilt. Anderenfalls ist der Zeitpunkt danach festzulegen, wann eine Partei nach Treu und Glauben mit dem nächsten Verhandlungsschritt hätte rechnen können. Es wird daher auch vorgeschlagen, dass die Parteien den Zeitpunkt vereinbaren, ab welchem Verhandlungen als gescheitert anzusehen sind. Bonefeld schlägt diesbezüglich folgende Formulierung vor:
Rz. 321
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Muster 13.12: Vereinbarung über das Ende der laufenden Verhandlungen
Im Hinblick auf die zwischen den Parteien laufenden Verhandlungen über den Pflichtteilsanspruch werden folgende Regelungen über das Ende der Verhandlungen nach § 203 BGB getroffen:
1. |
Die Verhandlungen gelten als beendet, wenn auf den Schriftsatz bzw. das Schreiben einer Partei nicht binnen einer Frist von _________________________ Wochen geantwortet wird. Dabei ist der Eingang der Antwort vom Gegner maßgeblich. |
2. |
Ferner gelten die Verhandlungen als gescheitert, wenn dies seitens einer Partei ausdrücklich erklärt wird, und zwar unabhängig davon, ob diese danach noch einmal korrespondieren. |
Rz. 322
Vereinbaren die Parteien die Stundung über den Pflichtteilsanspruch oder eine Abschlagszahlung, so liegt kein Fall des § 203 BGB, sondern ein Fall des § 212 BGB vor. Gleiches gilt für ein Anerkenntnis.