Wichtig: Mahnungen können die Verjährung nicht verhindern
Das Stadium der Mahnung ist jetzt überschritten, denn eine Mahnung des Gläubigers, egal ob mündlich oder schriftlich, verhindert die Verjährung nicht! Eine Forderung verjährt nur dann nicht, wenn die Verjährung gehemmt (§§ 203, 204 BGB) oder unterbrochen (§ 212 BGB) wird.
Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen:
Führt der Gläubiger ernsthafte Verhandlungen mit dem Schuldner über die Forderung, hemmt dies die Verjährung (§ 203 BGB). Der Begriff ist weit auszulegen, es genügt jeder Meinungsaustausch über einen Anspruch und seine Grundlage. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BGH, Urteil v.12.5.2011, IX ZR 68/08).
Beweisproblem: Der Gläubiger muss aber beweisen, dass derartige Verhandlungen erfolgten. Sicherheitshalber sollte Gläubiger vom Schuldner eine schriftliche Erklärung verlangen, dass der Schuldner für die Zeit der Verhandlungen auf die Einrede der Verjährung verzichtet.
Eine Hemmung der Verjährung durch Aufnahme von Verhandlungen endet auch dann, wenn die Verhandlungen der Parteien „einschlafen“ (BGH, Urteil v. 6.11.2008, IX ZR 158/07).
Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung:
Der Gläubiger erhebt rechtzeitig vor Ablauf des 02.01.2024 Klage oder er stellt den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides. Beides muss laut Gesetz „demnächst“, d. h. in Kürze nach dem Jahreswechsel an den Schuldner zugestellt werden können. Gerichtskosten für die Klage müssen bis zum 2.1.2024 auf dem Konto der Gerichtszahlstelle eingegangen sein (§ 12 GKG).
Wichtig: Es genügt weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner noch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken (BGH, Urteil v. 15.8.2012, XII ZR 86/11). Der Umfang der Verjährungshemmung richtet sich nach dem Streitgegenstand, der durch den Klageantrag und den zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt wird. Bei einer „verdeckten Teilklage“, bei der weder für den Beklagten noch für das Gericht erkennbar ist, dass die bezifferte Forderung nicht dem Gesamtschaden entspricht, wird die Verjährung des Anspruchs nur im beantragten Umfang gehemmt; der Kläger darf zwar nachträglich Mehrforderungen geltend machen, jedoch ist die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbstständig zu beurteilen (BGH, Urteil v. 8.3.2012, IX ZA 33/11).
Verjährungshemmung durch Antrag auf Streitschlichtung
Der Gläubiger macht seine Ansprüche bei einer staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder im Einvernehmen mit dem Antragsgegner bei einer anderen Streitbeilegungsstelle geltend. Die Verjährung wird in diesem Fall bereits durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, vorausgesetzt, der Antrag wird demnächst bekannt gegeben, § 204 Abs. 1 Ziffer 4 BGB.
Der Gläubiger meldet seine Ansprüche in einem Musterverfahren an
Gemäß § 204a Abs. 1 BGB wird die Verjährung auch durch die Anmeldung von Ansprüchen von Verbrauchern im Rahmen einer Musterfeststellungsklage, gemäß § 204a Abs. 2 BGB oder der Anmeldung zu einer nach EU-Recht erhobenen Verbandsklage gehemmt.
Hemmung durch Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung
Eine Verjährungshemmung kann auch dadurch erreicht werden, dass der Gläubiger den Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung beantragt oder einen Antrag auf einstweilige Anordnung bei Gericht stellt und dem Schuldner den erwirkten Gerichtsbeschluss innerhalb eines Monats seit der Verkündung zustellt, § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB.
Weitere Auslöser einer Verjährungshemmung sind:
Der Gläubiger meldet seinen Anspruch im Insolvenzverfahren des Schuldners an, § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB.
Der Gläubiger stellt Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe, vorausgesetzt die Bekanntgabe durch das Gericht erfolgt demnächst, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB.
Der Gläubiger ist durch höhere Gewalt an der Geltendmachung seiner Ansprüche verhindert, § 206 BGB.
Selbstständiges Beweisverfahren
Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbstständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können (BGH, Urteil v. 9.2.2012, VII ZR 135/11)
- Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids:
Der Gläubiger stellt selbst Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids vor Ablauf des 02.01.2024, sodass der Mahnbescheid kurzfristig nach Jahreswechsel an den Antragsgegner (Schuldner) zugestellt werden kann. Der Mahnbescheid muss aber korrekt ausgefüllt sein und insbesondere die vollständige Adresse des Schuldners enthalten.
Unterbrechung der Verjährung
Einen Neubeginn der Verjährung – der Begriff der Unterbrechung wird im Gesetz nicht mehr verwendet -kann der Unternehmer erreichen, wenn es ihm vor dem 02.01.2024 gelingt, dass der Schuldner dem Gläubiger gegenüber vor dem Jahresende den Anspruch nachweisbar anerkennt oder der Schuldner zumindest eine kleine Abschlagszahlung erbringt; der Gläubiger muss den Eingang dieser Zahlung in bis spätestens 2.1.2024 beweisen. Am besten ist es, wenn der Gläubiger den Schuldner persönlich aufsucht und sich eine Ratenzahlungsvereinbarung unterschreiben lässt und die erste Rate gleich kassiert.