Rz. 65
Die §§ 2058 bis 2063 BGB enthalten ergänzende Bestimmungen für die Haftung von Miterben für Nachlassverbindlichkeiten.
Rz. 66
Der Alleinerbe haftet zunächst entweder mit dem Nachlass oder zusätzlich auch mit seinem Eigenvermögen, wenn er von der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung keinen Gebrauch gemacht hat oder diese Möglichkeit verloren hat. Wenn eine Erbengemeinschaft gegeben ist, kann jeder Miterbe ebenfalls entweder mit dem Nachlass oder zusätzlich mit seinem Eigenvermögen haften. Hier taucht die Frage auf, ob eine gemeinschaftliche Schuld der Miterben unter ihnen entsprechend ihren Erbteilen aufgeteilt wird oder eine gesamtschuldnerische Haftung gegeben ist. Dazu ist zunächst zu prüfen, ob sich die Nachlassforderung gegen alle Miterben richtet und ob sie in der Person aller Miterben entstanden ist oder vielleicht auch nur in der Person eines Miterben.
Gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten sind solche, für die alle Miterben im Verhältnis zum Nachlassgläubiger haften, also insbesondere Erblasserschulden und Verbindlichkeiten aus ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses.
Rz. 67
Bis zur Teilung des Nachlasses ist der Anteil des Miterben in seiner gesamthänderischen Bindung von seinem Eigenvermögen getrennt. Diese Trennung reicht aus, um die Haftung für den Nachlassgläubiger zu sichern, der sich gem. § 2059 Abs. 2 BGB aus dem ungeteilten Nachlass befriedigen kann. Vor der Teilung haftet daher jeder Miterbe nur mit seinem Anteil am Nachlass, so dass sein Eigenvermögen noch geschützt ist.
Nach Auflösung der Erbengemeinschaft und nach der Teilung gibt es keinen ungeteilten Nachlass mehr. Der Miterbe hat nunmehr die Möglichkeit, über die Nachlassgegenstände, die ihm zugeteilt worden sind, frei zu verfügen. Der Nachlassgläubiger läuft Gefahr, aufgrund der Aufteilung seine Ansprüche nicht mehr realisieren zu können. Daher haftet jeder Miterbe nach der Nachlassteilung unbeschränkt, aber beschränkbar als Gesamtschuldner weiter. Eine teilschuldnerische Haftung sieht das Gesetz nur in §§ 2060, 2061 BGB vor.
Rz. 68
Hier ist also die entscheidende Frage, ob der Nachlass bereits geteilt worden ist oder nicht. Ein entsprechender Nachlassgläubiger könnte vor Teilung jeden einzelnen Miterben im Wege der sog. Gesamtschuldklage in Anspruch nehmen. Der so in Anspruch genommene Miterbe kann seine Haftung aus eigenem Vermögen beschränken.
Rz. 69
Der Nachlassgläubiger kann also in diesem Fall noch wählen, ob er eine Gesamthandklage oder eine Gesamtschuldklage erhebt. Der Unterschied beider Klagen wird im Vollstreckungsverfahren deutlich.
Die Gesamthandklage gibt dem Gläubiger den Zugriff auf den Nachlass, während die Gesamtschuldklage auch das Eigenvermögen der Miterben erfasst. Der Übergang von der einen zur anderen Klageart ist möglich, es ist stets als zulässige Klageänderung anzusehen. Taktisch vorteilhafter dürfte in der Regel die Gesamtschuldklage sein, da der Titel gegen einzelne Miterben die Vollstreckung in das Eigenvermögen ermöglicht.
Rz. 70
Der verklagte Miterbe muss haftungsbeschränkende Einreden erheben. Wenn in der Klageschrift nicht deutlich wird, welche Art der Klage erhoben wird, sollte ebenfalls vorsichtshalber die Haftungsbeschränkung deklariert werden, etwa dann, wenn nicht klar ist, ob die Klage gegen die Miterben ausdrücklich nur auf Leistung aus dem Nachlass gerichtet ist oder nicht.
Rz. 71
Jeder Miterbe kann seine Haftung nach den §§ 1975 ff. BGB beschränken.
Erhebt der Kläger in diesen Fällen lediglich Gesamthandklage, die von vornherein nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass gerichtet ist, kann der betroffene Miterbe Einwände nur insoweit erheben, als der Nachlass selbst vor der Haftung bewahrt wird. Das wäre bspw. die Einrede der Verjährung oder der Nichtexistenz der Forderung. Jeder Miterbe kann sich auch auf die Schonungseinreden berufen.