Rz. 166
Bei unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben, zu denen er auch bei einer befreiten Vorerbschaft gem. § 2113 BGB nicht berechtigt wäre, ist er dem Nacherben gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Hier besteht häufig Streit darüber, ob tatsächlich Unentgeltlichkeit gegeben war oder nicht. Folgende Problemfälle können dabei auftreten:
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Vorliegen eines groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung; |
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gemischte Schenkungen; |
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unbenannte Zuwendungen zwischen Ehegatten (sind unentgeltlich nach § 2113 Abs. 2 BGB); |
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Zuwendungen unter Lebenspartnern (sind ebenfalls unentgeltlich nach § 2113 Abs. 2 BGB); |
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Zustimmung eines Gesellschaftervorerben zur Änderung eines Gesellschaftsvertrags. |
Das letztgenannte Problem wird häufig übersehen. Wenn ein Gesellschaftervorerbe dadurch in die Mitgliedschaftsrechte des Vorerben eingreift, kann darin eine unentgeltliche Verfügung erblickt werden, die dem Nacherben gegenüber unwirksam ist und ggf. zu einer Schadensersatzpflicht führt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn bspw. der Vorerbe aus einer Personengesellschaft ausscheidet und der Abfindungsanspruch objektiv nicht vollwertig ist. Dies wird bejaht, wenn wesentliche Vermögensbestandteile der Gesellschaft wie stille Reserven, Goodwill und schwebende Geschäfte in die Abfindungsermittlung nicht einbezogen werden.
Rz. 167
Auf der subjektiven Seite ist umstritten, ob die Vornahme der unentgeltlichen Verfügung tatsächlich in Benachteiligungsabsicht erfolgen muss oder schuldhaftes Verhalten ausreichend ist. Hier dürfte man sich am Gesetzestext orientieren, der nur bei der arglistigen Verminderung der Erbschaft ein subjektives Element enthält.
Rz. 168
Schließlich muss die Verfügung zu einer Beeinträchtigung oder Vereitelung der Rechtsstellung des Nacherben geführt haben. Wenn bei einer unentgeltlichen Verfügung der Verlust des weggegebenen Gegenstands endgültig ist, da die Verfügung zwischen den Vertragsparteien wirksam ist, ist ein Schadensersatzanspruch des Nacherben gegenüber dem Vorerben gegeben.
Rz. 169
Ausweg: Der Erblasser kann verhindern, dass unter seinen Vor- und Nacherben ein derartiges Verfahren zustande kommt. Er kann bspw. den Nacherben mit dem Vermächtnis beschweren, Schenkungen des Vorerben zu genehmigen, er kann dem Vorerben Vorausvermächtnisse des Inhalts zuwenden, dass diese sich auf sämtliche Gegenstände und Forderungen erstrecken, über die der Vorerbe unentgeltlich verfügt (str.).
Rz. 170
Prozessrechtlich geht es um reine Zahlungsklagen.