Rz. 3

Auch im Erbrecht gilt wie allgemein in der ZPO, dass eine Feststellungsklage nur zulässig ist, wenn das Bestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden kann. Legt man diesen Prüfungsmaßstab zugrunde, ist die Zulässigkeit von Feststellungsklagen während der Lebzeit des Erblassers zweifelhaft, insbesondere in den Fällen, in denen etwa die Wirksamkeit eines bereits errichteten Testaments in Streit steht, denn ein Erblasser könnte in aller Regel ein solches Testament ja jederzeit aufheben oder ändern. Hier wird man zu unterscheiden haben:

1. Feststellungsklage des Erblassers

 

Rz. 4

Gelegentlich möchte der Erblasser selbst festgestellt wissen, dass seine letztwillige Verfügung wirksam ist. Ob hier eine Feststellungsklage zulässig ist, hängt von folgenden Kriterien ab:

Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses wird insbesondere in den Fällen geprüft, in denen ein Erblasser eine bereits getroffene letztwillige Verfügung gewissermaßen umstoßen will und neu testieren will. Es handelt sich um Fälle, in denen eine an sich bindende Verfügung aus einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag wegen damaliger Testierunfähigkeit unwirksam sein soll.
In anderen Fällen, also etwa wenn der Erblasser lediglich sichergehen will, dass seine vorgenommene Testierung nicht wegen behaupteter Testierunfähigkeit anschließend beseitigt wird, müsste man an einem Feststellungsinteresse zweifeln, denn ein solcher Erblasser könnte durch einen Sachverständigen seine Testierfähigkeit feststellen lassen, so dass seine letztwillige Verfügung damit gewissermaßen unumstößlich würde.
 

Rz. 5

Dennoch vertritt ein großer Teil der Literatur die Auffassung, man müsse generell Klagen eines Erblassers eher zulassen als Klagen eines potentiellen Erben. Der Schutz des Erblassers wiege hier höher als ein angenommener Schutz des potentiellen Erben, der grundsätzlich zu Lebzeiten des Erblassers nicht prozessieren dürfe. Tatsächlich wird man derartige Feststellungsklagen also wohl zulassen dürfen

in den Fällen, in denen fraglich ist, ob der Erblasser die von ihm vorgenommene letztwillige Verfügung vornehmen darf oder nicht (Frage der Bindungswirkung und damit auch der Testierfähigkeit), und
wenn von der gewillkürten Erbfolge ausgenommene gesetzliche Erben ankündigen, nach dem Tod des Erblassers das Testament etwa wegen Sittenwidrigkeit angreifen zu wollen.

Die Rechtsprechung ist zu dieser Problematik noch sehr zurückhaltend, es wird überwiegend von einer Unzulässigkeit derartiger Klagen ausgegangen.[3] Aktuelle Rechtsprechung zu der Problematik fehlt allerdings.[4]

[3] Beispielhaft: BGHZ 37, 137.
[4] Eher ablehnend: MüKo-BGB/Leipold, § 1922 Fn 467.

2. Feststellungsklage gegen den noch lebenden Erblasser durch potentielle Erben

 

Rz. 6

Hier ist der Fall denkbar, dass ein potentieller Erbe, mutmaßlich ein gesetzlicher Erbe, davon erfährt, dass "sein" Erblasser eine Erbfolge anordnet, die ihn als gesetzlichen Erben ausschließt. Nicht alle gesetzlichen Erben akzeptieren das, insbesondere dann nicht, wenn auf Seiten der potentiellen Erben die Vermutung besteht, dass der Erblasser bei der Testierung schon testierunfähig war.

In aller Regel wird die Feststellungsklage eines potentiellen Erben gegen eine letztwillige Verfügung zu Lebzeiten des Erblassers unzulässig sein, weil die Erbeinsetzung sich generell als Erwerbschance darstellt und keine gesicherte Rechtsposition vermittelt. Es wird als Verstoß gegen die Menschenwürde einzustufen sein, wenn ein Erblasser schon zu Lebzeiten mit Prozessen in Bezug auf mögliche Testierungen belästigt und überzogen werden soll. Schließlich darf man nicht verkennen, dass ein Zivilprozess grundsätzlich öffentlich geführt wird, letztwillige Verfügungen haben aber in aller Regel nicht-öffentlich und geheim zu bleiben, so dass auch hierin ein Grund gefunden werden kann, derartige Klage für unzulässig zu halten.

Ein so "betroffener" gesetzlicher Erbe müsste sich wohl darauf beschränken, Materialien und Zeugenaussagen zu sammeln, um nach dem Erbfall im Erbscheinsverfahren eine bessere Ausgangslage zu haben, die Testierunfähigkeit des Erblassers noch beweisen zu können. Ob allerdings eine heimlich durchgeführte psychiatrische Begutachtung hier weiterhilft, dürfte fraglich sein. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu heimlich eingeholten Vaterschaftstests[5] bestehen erhebliche Zweifel an der Verwertbarkeit derartiger Gutachten.

3. Klagen späterer Erben untereinander vor dem Erbfall

 

Rz. 7

Denkbar ist der Sachverhalt, dass es zwischen gewillkürten und gesetzlichen Erben zu Streitigkeiten über die Frage der Rechtswirksamkeit einer Testierung kommt, so dass also etwa ein gesetzlicher Erbe nach Kenntnis der Testierung durch den Erblasser, die ihn enterbt, den gewillkürten Erben auf Feststellung dahingehend verklagt, dass die Testierung unwirksam ist. Es würde sich hierbei um sog. Drittrechtsverhältnisse handeln, die zwar grundsätzlich einem Feststellungsinteresse zugänglich sind,[6] allerdings mit den gleichen Überlegungen im Erbrecht für unzulässig gehalten werden wie eine direkte Klage gegen den Erblasser.[7]

[6] BGH v. 18.3.1996 – II ZR 1...

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