Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung. Feststellung des Erbrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Bestehen des Pflichtteilsrechtes kann daher beispielsweise schon bei Lebzeiten des Erblassers den Gegenstand einer Feststellungsklage bilden, weil die gegenwärtige rechtliche Bewegungsfreiheit des künftigen Erblassers durch die Existenz pflichtteilsberechtigter, naher Verwandter so eingeschränkt wird, daß ihm keine unbeschränkte Testierfähigkeit zusteht.

2. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Feststellungsklage das Ziel verfolgt, das Erbrecht nach noch lebenden Personen festzustellen; dann fehlt es an einem gegenwärtigen, konkreten Rechtsverhältnis und zwar auch dann, wenn die Erbaussicht einer Partei der Lebenserfahrung entspricht. Die Unsicherheit ob die klagende oder die beklagte Partei Erbe eines noch lebenden Dritten werde, verbietet es, hier ein Rechtsverhältnis der in § 256 ZPO genannten Art zu sehen.

 

Normenkette

ZPO § 256; BGB §§ 1922, 2303

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 17.05.1988; Aktenzeichen 2 O 491/87)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten Ziff. 2 wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 17. Mai 1988 – 2 0 491/87 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt geändert:

Die gegen die Beklagte Ziff. 2 gerichtete Klage wird als unzulässig abgewiesen.

II. Von den Kosten des 1. Rechtszugs haben zu tragen:

Von den Gerichtskosten der Kläger und die Beklagte Ziff. 1 je die Hälfte;

von den außergerichtlichen Kosten des Klägers dieser und die Beklagte Ziff. 1 jeweils die Hälfte;

die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 2 trägt der Kläger. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des 2. Rechtszugs trägt der Kläger, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 1, die diese selbst zu tragen hat.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10 200 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte Ziff. 2 zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch durch unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

IV. Der Wert der Beschwer des Klägers liegt über 40 000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger und die Beklagte Ziff. 2 sind Kinder des am 15.11.1986 verstorbenen … sen. Die Beklagte Ziff. 1 ist dessen Witwe. Die Beklagte Ziff. 2 war während des ersten Rechtszuges als Pflegerin der Beklagten Ziff. 1 bestellt gewesen. Am 2.5.1988 wurde anstelle der Beklagten Ziff. 2 für die Beklagte Ziff. 1 ein anderer Pfleger bestellt.

Die Beklagte Ziff. 1 und ihr Ehemann (im folgenden Erblasser) errichteten am 8.8.1983 ein gemeinschaftliches Testament, indem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und nach dem Tode des Letztversterbenden die Parteien als Erben einsetzten (wegen weiterer Einzelheiten wird auf AS II, 8 ff. Bezug genommen). Insoweit inhaltlich übereinstimmend verfügten der Erblasser und die Beklagte Ziff. 1 nochmals mit gemeinschaftlichem Testament vom 8.1.1984 (II 69). Der Erblasser und die Beklagte Ziff. 1 schlossen mit der Beklagten Ziff. 2 am 27.8.1985 einen notariellen Erbvertrag, in dessen § 1 die Zweitbeklagte sich verpflichtete, ihre Eltern in kranken und in schlechten Tagen zu pflegen und zu versorgen; in § 3 räumten als Gegenleistung die Eheleute … ihrer Tochter … das Recht ein, nach dem Tode des zuletzt versterbenden Elternteils das Hausanwesen, … Flurst. Nr. … als Vorausvermächtnis zu übernehmen. Die Eheleute … stellten „ausdrücklich klar, daß sich Frau … dieses Vermächtnis nicht anzurechnen lassen” brauche, sie keinerlei Ausgleichszahlung zu erbringen habe (Ablichtung I, 4 ff.).

Das bezeichnete Grundstück stand im Alleineigentum des Erblassers und wurde aufgrund Erbscheins vom 13.5.1987 (I 3) auf die Beklagte Ziff. 1 am 8.9.1987 umgeschrieben (Grundbuchauszug I, 24). Bei Abschluß des notariellen Erbvertrages vom 27.8.1985 war die Beklagte Ziff. 1 wegen eines „hirnorganischen Psychosyndroms Stadium III bei Cerebralsklerose und Zustand nach frontal liegender cerebraler Blutung links” geschäftsunfähig.

Der Kläger ist der Ansicht, der Erbvertrag sei wegen der Geschäftsunfähigkeit der Beklagten Ziff. 1 unwirksam. Daher falle das Grundstück, das Gegenstand des Vorausvermächtnisses zugunsten der Beklagten Ziff. 2 sei, in den Nachlaß nach Ableben des Erblassers, so daß der Kläger daran zur Hälfte beteiligt sei, wenn die Erstbeklagte versterbe. Dies rechtfertige bereits jetzt das erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich der Unwirksamkeit des Erbvertrages bzw. des Vorausvermächtnisses. Er sei Inhaber eines Anwartschaftsrechtes, das ihn zur Klage legitimiere. Die Beklagte Ziff. 1 sei aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments gebunden und könne nicht mehr anderweitig letztwillig verfügen. Das Feststellungsinteresse folge auch daraus, daß im Fall des Todes der Beklagten Ziff. 1 die Beweisführung des Klägers hinsichtlich ihrer Geschäftsunfähigkeit erheblich ersch...

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