Rz. 39
Derjenige, der erbvertraglich verbindlich als Schlusserbe eingesetzt ist, hat gem. § 2287 BGB dann einen Herausgabeanspruch, wenn der Erblasser in der Absicht, ihn zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht hat. Dieser Anspruch entsteht erst nach dem Anfall der Erbschaft und richtet sich nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. In der Praxis handelt es sich hier um einen weiten Anwendungsbereich. Streitigkeiten um derartige Herausgabeansprüche gehören zur täglichen Praxis des Erbrechtlers.
Der Einwand des so Beschenkten geht häufig dahin, dass der Erblasser für seine Verfügung ein sog. lebzeitiges Eigeninteresse geltend machen konnte. Der Anspruch des Vertragserben kann nur so weit reichen, wie er in seiner berechtigten Erberwartung beeinträchtigt worden ist. Wenn der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an einer Verfügung hatte, scheitert der Anspruch des Schlusserben. Die Rechtsprechung hat hierbei Fallgruppen herausgearbeitet, die dem Erblasser ein solches Eigeninteresse zusprechen, bspw. wenn die Übertragung der Sicherung und Verbesserung der eigenen Altersversorgung dient oder eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Ehegatten erfüllt wird bzw. die Verfügung als Belohnung für geleistete Dienste anzusehen ist.
Ausgeschlossen ist allerdings die Annahme eines lebzeitigen Eigeninteresses dann, wenn der Erblasser lediglich eine missglückte Erbfolgenanordnung im Rahmen eines verbindlichen Erbvertrags korrigieren möchte, er also auf diese Weise ggf. die Abkömmlinge wertmäßig gleich behandeln möchte oder Zuwendungen an einen neuen Ehegatten macht, um diesen finanziell abzusichern oder zu versorgen. Dann hat er das Fremdinteresse des neuen Ehegatten im Blick, aber kein Eigeninteresse an einer solchen Verfügung. Einzelheiten sind hier stets streitig.
Rz. 40
Bei dem Herausgabeanspruch gegen einen Beschenkten kann darüber hinaus im Einzelfall streitig sein, ob tatsächlich eine Verfügung durch Schenkung vorliegt. Die Einwendungen des so in Anspruch Genommenen könnten sein, dass lediglich eine gemischte Schenkung vorliegt. Ein Herausgabeanspruch kann sich dann nur in Bezug auf die unentgeltlichen Teile der Verfügung erstrecken. Ferner könnte eingewandt werden, es liege eine Ausstattung nach § 1624 Abs. 1 BGB vor, die nur bezüglich ihres Übermaßes dem Schenkungsrecht unterliegt. Weitere Einwendungen könnten sein, dass eine Pflicht- oder Anstandsschenkung nach § 534 BGB gegeben ist oder eine Schenkung unter Auflage.