Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Vertragserben kann gem. § 242 BGB ein Auskunftsrecht zustehen, wenn er die Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruchs aus § 2287 BGB hinreichend dargetan hat.

 

Normenkette

BGB §§ 2287, 242

 

Tatbestand

Der Kläger meint, die erbvertraglich gebundene Erblasserin habe bei der Übertragung von Unternehmensanteilen auf die beklagten Eheleute ohne lebzeitiges Eigeninteresse gehandelt und sein Erbrecht verletzt (§ 2287 BGB).

Die am 4. Juni 1979 verstorbene Erblasserin und ihr am 4. August 1973 vorverstorbener Ehemann hatten sich im Erbvertrag vom 19. Juni 1973 gegenseitig als Alleinerben und den Bruder des Klägers, ihren Großneffen, als Erben des Längstlebenden eingesetzt; Ersatzerben sollten die Abkömmlinge des Bruders, danach der Kläger sein. Der Bruder des Klägers ist vor der Erblasserin am 23. Februar 1977 kinderlos verstorben. Er hatte in dem Unternehmen 1954 als kaufmännischer Lehrling begonnen. Anfang 1973 wurde ihm die Prokura erteilt. Der beklagte Ehemann, der fünf Jahre vor dem Bruder des Klägers in das Unternehmen eingetreten war, hatte bereits 1963 Prokura erhalten. Nach Ziffer V des Erbvertrages sollte der beklagte Ehemann vom Schlußerben in das Unternehmen als dem Erben gleichberechtigter persönlich haftender Gesellschafter aufgenommen werden. Seine Kapitaleinlage sollte aus der für ihn angesammelten Umsatzvergütung bezahlt werden; soweit diese nicht reiche, sollte der Erbe den entsprechenden halben Anteil "gegen angemessenes Entgelt" abtreten.

Die Erblasserin nahm zum 1. Januar 1974 den beklagten Ehemann als Mitgesellschafter in das in eine offene Handelsgesellschaft umgewandelte Unternehmen auf; vorher hatte dieser angekündigt, anderenfalls seine Tätigkeit aufzugeben. Der Hälfteanteil wurde zum Nominalwert übertragen. Als weitere Gesellschafterin wurde die beklagte Ehefrau Mitte 1977 in die oHG aufgenommen.

Durch Vertrag vom 15. Februar 1978 übertrug die Erblasserin auch den ihr verbliebenen Hälfteanteil an der oHG auf die beklagten Eheleute. Sie schied zum 1. März 1978 als Gesellschafterin aus. Als Gegenleistung wurde ihr Kapitalkonto in ein Darlehenskonto umgewandelt. Das Darlehen wurde auf einen Betrag in Höhe von 153 753,98 DM festgesetzt. Zur Verzinsung und Tilgung des Darlehens war monatlich ein Betrag von 5 000 DM an die Erblasserin zu zahlen. Soweit die Vermögenslage der oHG dies zuließ, konnte sie darüberhinaus weitere Zahlungen verlangen. Für ihr Ausscheiden aus der oHG erhielt die Erblasserin von den beklagten Eheleuten eine monatliche lebenslängliche, durch Wertsicherungsklausel gesicherte Rente in Höhe von 3 000 DM ab März 1978.

Der Kläger verlangt als ersatzweise berufener Vertragserbe unter anderem Auskunft in Gestalt der Vorlage von zahlreichen Unterlagen hinsichtlich der Anteilsübertragungen, die er als gemischte Schenkung ansieht, und hinsichtlich der Kontoführung für die Erblasserin.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die beklagten Eheleute in eingeschränktem Umfang zur Auskunftserteilung verurteilt. Der Berufung des Klägers gegen die Einschränkung der Verurteilung hat das Oberlandesgericht nicht stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Eheleute hat es die Klage auf Vorlage der Unterlagen insgesamt abgewiesen.

Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

I.

Dem Vertragserben kann ein Auskunftsrecht zustehen, wenn er die Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruches aus § 2287 BGB hinreichend dargetan hat.

1.

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Kläger überhaupt einen Auskunftsanspruch geltend machen kann.

a)

Die Frage, ob dem Vertragserben ein Auskunftsrecht gegenüber dem Beschenkten wegen seines Anspruches aus § 2287 BGB zusteht, hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1955 verneint (BGHZ 18, 67, 68). Ein die Auskunftspflicht begründendes Rechtsverhältnis sei nicht ersichtlich. In § 2287 BGB sei eine Auskunftspflicht nicht vorgesehen, auch nicht für den Fall, daß der Vertragserbe eine oder mehrere bösliche Schenkungen dartun könne und Grund für die Annahme weiterer solcher Schenkungen bestehe. Dem folgen zahlreiche Stimmen im Schrifttum (Palandt/Edenhofer, BGB 45. Aufl. Anm. 3 b; Staudinger/Kanzleiter, BGB 12. Aufl. Rdn. 25; BGB-RGRK/Kregel 12. Aufl. Rdn. 10; Erman/Hense, BGB 7. Aufl. Rdn. 3 - sämtlich zu § 2287 BGB; Kipp/Coing, Erbrecht 13. Aufl. § 38 IV 2 a; Brox, Erbrecht 9. Aufl. Rdn. 158; Bartholomeyczik/Schlüter, Erbrecht 11. Aufl. § 25 V 3 a aa). Demgegenüber ist neuerdings die gegenteilige Ansicht im Vordringen (Kohler NJW 1964, 1393, 1398 Fn. 69; Johannsen DNotZ Sonderheft 1977 Seite 94/95 gegen seine eigene frühere Ansicht LM Nr. 4 zu § 2287 BGB; Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses S. 319 ff. und in Jauernig, BGB 3. Aufl. Anm. 2 d; Soergel/Wolf, BGB 11. Aufl. Rdn. 14 und MünchKomm/Musielak Rdn. 19, sämtlich zu § 2287 BGB).

b)

Diese gegenteilige Ansicht stützt sich auf die vom Bundesgerichtshof vornehmlich in den Jahren seit 1971 begründete Rechtsprechung zum Auskunftsrecht. Ein solches Recht wurde gemäß § 242 BGB dem Nacherben gegen den vom Vorerben Beschenkten und auch dem pflichtteilsberechtigten Erben gegen den vom Erblasser Beschenkten zugebilligt (BGHZ 58, 237 und 61, 180). Das letztgenannte Urteil gab bereits den zweiten Leitsatz der Entscheidung zum Auskunftsrecht aus dem Jahre 1955 auf. Damit setzte der frühere IV. Zivilsenat den vorher zu dem Auskunftsrecht des pflichtteilsberechtigten Nichterben vom III. Zivilsenat eingeschlagenen Weg, unterstützt von der Rechtslehre, fort (BGHZ 55, 378; siehe insbesondere Johannsen in LM Nr. 6 zu § 2314 BGB - 8; zum Schrifttum vgl. z. B. Gudian JZ 1967, 591, Coing NJW 1970, 729 und 1983, 1298 sowie Stürner aaO).

Auch der erkennende Senat teilt die Auffassung, daß der Anwendungsbereich des dem Wortlaut nach zu engen § 2314 BGB, gestützt auf den Sinn dieser Vorschrift, in gegenständlicher und persönlicher Hinsicht auszudehnen ist (BGHZ 89, 24, dazu Anm. Dieckmann FamRZ 1984, 880 und Baumgärtel JR 1984, 202; vgl. weiter Baumgärtel in der Festschrift für Hübner 1984, Seite 395 ff.; Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 - IV a ZR 56/83 - NJW 1985, 384 = WM 1984, 1649). Festzuhalten bleibt danach, daß in der Rechtsprechung zum Auskunftsrecht ein grundsätzlicher Wandel eingetreten ist, seitdem im Jahre 1955 dem Vertragserben für seinen Bereicherungsanspruch ein solches Recht verweigert wurde.

c)

Auch der Vertragserbe, der auf der Grundlage des § 2287 BGB gegen den vom Erblasser Begünstigten vorgehen will, kann aus § 242 BGB einen Auskunftsanspruch herleiten.

Zwar werden ihm in gewissem Umfang Beweiserleichterungen eingeräumt, damit er angemessen vor den Auswirkungen mißbräuchlicher Ausübung der für den Erblasser gemäß § 2286 BGB bestehenden Verfügungsfreiheit geschützt werden kann. Von der Vermutung der zumindest teilweisen Unentgeltlichkeit und damit von einer gemischten Schenkung kann schon dann ausgegangen werden, wenn ein auffallendes, grobes Mißverhältnis zwischen dem objektiven Wert der Leistung und dem der Gegenleistung besteht (BGHZ 82, 274, 281/282). Der Mißbrauch ist bereits dann bewiesen, wenn feststeht, daß für die unentgeltliche Zuwendung ein rechtfertigendes lebzeitiges Eigeninteresse nicht bestand; dabei hat der Begünstigte die für die Zuwendung maßgeblichen Umstände - unbeschadet der Beweislast des Vertragserben - darzulegen (BGHZ 66, 8, 16 f.; Johannsen DNotZ Sonderheft 1977 Seite 95; Baumgärtel/Strieder, Beweislast BGB § 2287 Rdn. 2 - 4).

Diese Beweiserleichterungen können aber den Vertragserben noch nicht ausreichend schützen. Im Verhältnis zu dem durch eine Verfügung zu seinen Lebzeiten vom Erblasser Begünstigten ist nämlich auch der Vertragserbe schutzwürdig (vgl. BGHZ 82, 274, 281). Nach dem Grundgedanken des auf § 242 BGB gestützten Auskunftsrechts soll derjenige geschützt werden, dessen Berechtigung leerzulaufen droht, weil er in entschuldbarer Weise über die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs nicht unterrichtet ist, vielmehr nur sein Anspruchsgegner die erforderlichen Kenntnisse hat und sie unschwer mitteilen kann (so grundlegend und m. w. Nachw. schon BGH Urteil vom 4. Mai 1964 - III ZR 159/63 - LM Nr. 5 zu § 2329 BGB /6 = NJW 1964, 1414 unter II). Dieser Grundgedanke trifft besonders für den Vertragserben zu, der sein Erbe durch eine nach § 2287 BGB mißbilligte Zuwendung des Erblassers zu dessen Lebzeiten, von der der Vertragserbe häufig wenig weiß, bedroht sieht.

2.

Berechtigt kann das Auskunftsverlangen aber nur sein, wenn und soweit vom Bestehen des Anspruchs ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll. Auch für die Anwendung des § 242 BGB gilt die Beweislastverteilung, daß, wer Rechte aus dieser Vorschrift für sich herleitet, die dafür maßgebenden Tatsachen zu beweisen hat (Baumgärtel/Strieder, Beweislast BGB § 242 Rdn. 2 m. w. Nachw.). Auskunft kann man nicht schon dann fordern, wenn man auf diesem Weg eine Schenkung ausforschen will (BGHZ 61, 180, 185). Der Berechtigte muß vielmehr den Hauptanspruch schlüssig darlegen und in substantiierter Weise Tatsachen vortragen und beweisen, die greifbare Anhaltspunkte für eine sein Recht beeinträchtigende Schenkung ergeben. Es muß sich um eine Zuwendung handeln, die unter solchen Umständen erfolgt, welche die Annahme nahelegen, es gehe mindestens teilweise um eine Schenkung, für die ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse nicht besteht (BGHZ 83, 44, 45 f.). Dabei wächst die Vortragslast des Vertragserben in dem Maße, indem der Begünstigte konkrete Behauptungen zum lebzeitigen Eigeninteresse aufstellt. Erst dann kann der Richter hinreichend sicher vom Bestehen eines Anspruchs gegen den Beschenkten ausgehen und zu dessen Durchsetzung vorab zur Auskunftserteilung - nicht aber schon zur Wertermittlung - verurteilen (BGHZ 89, 24).

II.

Das Berufungsgericht hat das Bestehen eines Anspruchs aus § 2287 BGB verneint. Zu diesem Ergebnis ist es ohne Rechtsfehler gelangt.

1.

Die Anteilsübertragungen der Jahre 1974 und 1978 sind nach Auffassung des Berufungsgerichts schon keine Schenkungen, jedenfalls aber durch lebzeitiges Eigeninteresse der Erblasserin gedeckt (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

2.

Die 1974 erworbene Beteiligung als solche konnte die Erberwartung des Vertragserben nicht beeinträchtigen, erst recht nicht die des Klägers als Ersatzerben. Der beklagte Ehemann hatte gegen den Schlußerben einen Vermächtnisanspruch auf spätere hälftige Beteiligung am Unternehmen. Die Anteilsübertragung auf ihn war nicht eine Weggabe an einen "Außenstehenden" (BGHZ 82, 274, 278). Dem Vermächtnisnehmer gegenüber ist die für § 2287 BGB maßgebliche Erberwartung wie. gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten von vornherein grundsätzlich - unbeschadet der Regelung des § 2318 BGB - beschränkt (BGHZ 88, 269, 272). Ein Geschenk kann deshalb allenfalls wegen der näheren Ausgestaltung der Aufnahme in Frage kommen. Das verkennt auch die Revision nicht.

a)

Sie rügt, das Berufungsgericht habe die gesellschaftsvertragliche Regelung übersehen, wonach im Falle des Todes der Erblasserin der beklagte Ehemann das Unternehmen übernehmen konnte. Ein Eintrittsrecht der Erben sollte ausgeschlossen sein; diese sollten in Raten oder mit einer Kommanditistenstellung abgefunden werden können.

Diese Regelung konnte den Kläger von vornherein nicht beeinträchtigen. Wiederum durfte er aufgrund des Erbvertrages nicht die Erwartung hegen, das Unternehmen mitübernehmen zu können. Auch insoweit bestand keine durch § 2287 BGB geschützte Erberwartung. Nach Ziffer VII Satz 1 des Erbvertrages waren nämlich nur die Erbeinsetzungen von der Bindungswirkung erfaßt. Die übrigen letztwilligen Anordnungen durfte nach Ziffer VII Satz 2 jede der Erbvertragsparteien einseitig frei widerrufen, sofern sie von ihr herrührten. Im Gegensatz zu den Zahlungsvermächtnissen der Ziffer IV, die allein der vorverstorbene Ehemann der Erblasserin angeordnet hatte, rührte das Vermächtnis zugunsten des beklagten Ehemannes, das in Ziffer V angeordnet war, auch von der Erblasserin her. Daß sich Ziffer VII Satz 2 des Erbvertrages auch auf solche Anordnungen bezieht, ergibt die Auslegung des Erbvertrages, die der Senat zu diesem Punkt selbst vornehmen kann. Also war für die im Erbvertrag enthaltene Regelung der Firmenfortführung eine Bindungswirkung nicht gewollt.

b)

Die Vereinbarung des Nominalwertes als Gegenleistung begründete auch nicht ein auffallendes, grobes Mißverhältnis zur Beteiligung, so daß eine gemischte Schenkung ausscheidet. Jedenfalls dann, wenn der aufgenommene Gesellschafter schon vorher einen künftigen Anspruch auf die Beteiligung hat und dafür einen den Nominalwert erreichenden Preis zahlt, kann seine Aufnahme angesichts der damit verbundenen Gesellschafterpflichten grundsätzlich nicht mehr als unentgeltliche Zuwendung angesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 26. März 1981 - IVa ZR 154/80 - LM Nr. 14 zu § 516 BGB = NJW 1981, 1956 = WM 1981, 623 unter 2); besondere, dem entgegenstehende Umstände wie z. B. ein Ausschluß jeglicher Abfindungsregelung liegen hier nicht vor.

c)

Nach dem Erbvertrag hatte der beklagte Ehemann ein "angemessenes Entgelt" für den halben Kapitalanteil aufzubringen, soweit die angesammelte Umsatzvergütung nicht ausreichte. Da die Bindungswirkung über die Erbeinsetzung nicht hinausreichte, konnte die Erblasserin ohne weiteres ihr Verständnis der Angemessenheit zugrundelegen. Überdies hat auch das Berufungsgericht diesen Begriff ohne Auslegungsfehler dahin verstanden, daß die Zahlung des Nominalwertes im Sinne des Erbvertrages ausreichend war. Bezugspunkt für die Angemessenheit eines Entgeltes kann die persönliche Beziehung derjenigen, die den Begriff Angemessenheit in ihrem Vertrag gebrauchen, zu dem, der das Entgelt schulden soll, ebenso sein wie der tatsächliche Wert der Leistung, für die das Entgelt erbracht werden soll. Es gibt deshalb entgegen der Auffassung der Revision keinen allgemeinen Sprachgebrauch für diesen Begriff. Auch ist es nicht denkgesetzwidrig, auf die persönliche Beziehung der Erbvertragschließenden zum Zuwendungsempfänger und nicht auf die des endgültigen Vertragserben zu ihm abzustellen. Die Gegenleistung sollte in erster Linie mit der Umsatzvergütung angesammelt und damit dem Unternehmen zugunsten des beklagten Ehemannes entnommen werden.

d)

Im Rahmen der Frage nach dem lebzeitigen Eigeninteresse der Erblasserin hat der Tatrichter das von der persönlichen Beziehung abgeleitete Verständnis des Begriffs "angemessenes Entgelt" ebenfalls bedenkenfrei herangezogen. Die Erblasserin mußte darauf bedacht sein, dem Unternehmen und sich selbst den nach Meinung beider Erbvertragsparteien bewährten und zur Leitung befähigten Mitarbeiter zu erhalten. Das Berufungsgericht stellt entgegen der Ansicht der Revision in diesem Zusammenhang nicht darauf ab, daß der beklagte Ehemann anderenfalls nicht zu halten gewesen wäre, sondern nur darauf, daß er angekündigt hatte, das Unternehmen sonst zu verlassen. Schon eine Reaktion auf diese Ankündigung konnte zu den von der Erblasserin getroffenen Maßnahmen führen, ohne daß ihr das Eigeninteresse dafür abzusprechen war.

3.

Auch die Anteilsübertragung im Jahre 1978 ist keine beeinträchtigende Schenkung.

Allein schon die Überlegung des Berufungsgerichts zum Vorversterben des als Vertragserben vorgesehenen Bruders des Klägers trägt sein wertendes Ergebnis zum lebzeitigen Eigeninteresse. Wenn wertende Betrachtungsweise gefordert wird, wie bei der Prüfung, ob ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der einen Dritten begünstigenden Verfügung zu bejahen oder zu verneinen ist, dann hat der Tatrichter einen gewissen Beurteilungsspielraum. In diesen greift das Revisionsgericht nicht ein, es sei denn, daß erkennbar nicht alle Wertungsgesichtspunkte berücksichtigt sind oder deutliche Wertungsfehler vorliegen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Bruder des Klägers, der für seinen Lebensberuf, die Tätigkeit im Unternehmen, kapitalmäßig abgesichert werden sollte, und dem Kläger, der bei der Abfassung des Erbvertrages schon erfahrener Rechtsanwalt war, rechtfertigte die Bejahung des lebzeitigen Eigeninteresses. Sie ist das Ergebnis einer rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Erbvertragsauslegung. Der Kläger war erst nach Abkömmlingen seines Bruders Vertragserbe, er war nur Ersatzerbe. Auch eine ideellen Gesichtspunkten dienende, wirtschaftlich nicht notwendige Verfügung, für die der Erblasser ein deutlich höheres Entgelt möglicherweise hätte erhalten können, kann vom anzuerkennenden lebzeitigen Eigeninteresse diktiert sein (BGH Urteil vom 30. März 1977 - IV ZR 211/75 - LM Nr. 10 zu § 2287 BGB unter II und III).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456504

BGHZ, 188

NJW 1986, 1755

DNotZ 1986, 547

JZ 1987, 250

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