Rz. 38

Bei Leistungen des Arbeitgebers, des Dienstherrn oder eines Sozialversicherungsträgers findet entweder ein gesetzlicher Forderungsübergang statt oder der Geschädigte kann jedenfalls zur Abtretung verpflichtet sein. Diese Leistungen entlasten den Schädiger also nicht, es findet nur ein Gläubigerwechsel statt.

 

Rz. 39

Erwirbt der Geschädigte infolge des Unfalls einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen einen Unterhaltsverpflichteten, entlastet dies den Schädiger kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht (§ 843 Abs. 4 BGB); der Geschädigte kann den Schädiger weiterhin in Anspruch nehmen. Freiwillige Leistungen Dritter, z.B. durch Angehörige oder Arbeitgeber, sollen den Schädiger nicht entlasten und sind deshalb ebenfalls nicht anzurechnen.

 

Rz. 40

Leistungen der Sozialversicherungsträger führen dazu, dass der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger im Umfang der kongruenten Leistungen auf den Sozialversicherungsträger übergeht (§ 116 SGB X; dazu näher § 2 Rdn 246 ff.; § 36 Rdn 1 ff.). Der Geschädigte ist insoweit hinsichtlich der Geltendmachung seines Schadens nicht aktivlegitimiert. Bei der Berechnung des dem Geschädigten verbleibenden Anspruchs, den er selbst geltend machen kann, werden die Leistungen der Sozialversicherungsträger also "angerechnet". Bei einem ausländischen Geschädigten, der in seinem Heimatland Sozialleistungen bezieht, ist auf die dortigen Verhältnisse abzustellen; kennt das ausländische Recht keinen gesetzlichen Forderungsübergang auf den leistenden Sozialversicherungsträger, ist von einem eigenen ungekürzten Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Erwerbsschadens auszugehen.[71]

 

Rz. 41

Leistungen aus privaten Versicherungen sind nicht anzurechnen, soweit es sich um Summenversicherungen handelt. § 86 VVG (§ 67 VVG a.F.) gilt nur bei der Schadenversicherung. Leistungen aus Schadenversicherungen sind anzurechnen bzw. richtiger ausgedrückt führen sie zu einem gesetzlichen Forderungsübergang auf den Versicherer und dessen Regressanspruch, sodass dem Geschädigten insoweit die Aktivlegitimation fehlt. Bei Summenversicherungen findet eine Anrechnung nicht statt. Private Unfallversicherer sind deshalb nicht regressberechtigt.[72] Leistungen aus privaten Lebens- oder Unfallversicherungen werden nicht angerechnet.[73] Krankenhaustagegeldversicherungen und Krankentagegeldversicherungen sind Summenversicherungen, falls sie nicht als Schadenversicherung ausgestaltet sind, was zulässig ist.[74] Ist eine Ausgestaltung im Sinne des § 86 VVG erfolgt, werden Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung auf den Verdienstausfallschaden angerechnet, Leistungen aus der Krankenhaustagegeldversicherung zusätzlich auf Heilungskosten und Kosten für vermehrte Bedürfnisse.[75] Zahlt der Arbeitgeber wegen des unfallbedingten Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung, ist sie nicht anzurechnen.[76] Voraussetzung ist aber, dass es sich tatsächlich um eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes handelt und nicht um eine (verdeckte) Gehaltsfortzahlung.

 

Rz. 42

Verdient der Geschädigte nach unfallbedingter Umschulung mehr als vor dem Unfall, kann der Schädiger die Kosten nicht mit dem Mehrverdienst verrechnen; insoweit fehlt es an der Kongruenz der Leistungen.[77]

[71] OLG Celle, Urt. v. 30.5.2007 –14 U 189/06, OLGR Celle 2007, 551: Großbritannien; zur Frage der Abtretbarkeit der Schadensersatzansprüche britischer Soldaten, denen ihr Dienstherr Leistungen zur Krankenbehandlung und Soldfortzahlung erbringt, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1988 – VI ZR 223/87, VersR 1989, 54.
[72] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.1994 – 4 W 17/95, VersR 1996, 480.
[75] Z.B. Besuchskosten; vgl. BGH, Urt. v. 15.5.1984 – VI ZR 184/82, VersR 1984, 690, auch zur Ersatzfähigkeit und rechtlichen Bedeutung eines Risikozuschlags.
[76] BGH, Urt. v. 16.1.1990 – VI ZR 170/89, VersR 1990, 495; OLG Hamm, Urt. v. 7.10.1993 – 6 U 198/92, r+s 1994, 417; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.9.2001 – 9 U 123/00, zfs 2002, 20.
[77] BGH, Urt. v. 2.6.1987 – VI ZR 198/86, VersR 1987, 1239; OLG Nürnberg, Urt. v. 16.1.1991 – 4 U 3530/90, VersR 1991, 1256.

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