Rz. 255
Die deliktische Haftung des Schadensverursachers besteht grundsätzlich in unbegrenzter Höhe. Eine Haftungsbegrenzung ergibt sich hingegen zum einen im Rahmen der Gefährdungshaftung (z.B. aus § 7 Abs. 1 StVG), zum anderen bei der Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers, der gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 VVG (§ 3 Nr. 1 PflVersG a.F.) vom Geschädigten nur im Rahmen der Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis und damit bis zur Höhe der vereinbarten Deckungssumme in Anspruch genommen werden kann. Haftungshöchstbeträge finden sich in verschiedenen Gesetzen, die eine Gefährdungshaftung anordnen (§§ 12 ff. StVG; § 88 ArzneimittelG, § 117 BBergG, § 33 GenTG, § 9 HaftPflG, §§ 10, 11 ProdHaftG, §§ 37, 45 LuftVG, § 15 UmweltHG). Besondere Regelungen gelten im Bereich der Binnenschifffahrt (§§ 5d BinSchG). Auch im Seehandelsrecht ist die Haftung für Personen- und Sachschäden auf einen Höchstbetrag beschränkt (vgl. §§ 538 f., 541 f. HGB). Hier soll nur die Regelung nach dem StVG näher behandelt werden.
Rz. 256
Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StVG bewirkt eine echte Begrenzung der vom Schädiger geschuldeten Leistung. Nur in der in dieser Vorschrift bestimmten Höhe kann der Geschädigte den Schädiger (§ 7 Abs. 1 StVG) und dessen Haftpflichtversicherer (§ 115 VVG) in Anspruch nehmen. Dieselbe Beschränkung gilt für soziale Leistungsträger, die – etwa nach § 116 SGB X – als Rechtsnachfolger des Geschädigten an dessen Stelle getreten sind. Die Regelung gilt nur für die Haftung nach dem StVG, nicht aber, wenn der Schädiger (auch) aus Verschulden (§ 823 BGB) haftet. Die gesetzlich festgelegte Haftungsbegrenzung ist von Amts wegen zu beachten.
Rz. 257
Die Haftungsbegrenzung gilt auch für die Fahrerhaftung nach § 18 StVG. Sind Fahrer und Halter nicht identisch, steht der Höchstbetrag für die Haftung beider nur einmal zur Verfügung.
Rz. 258
Die Haftungshöchstbeträge sind mehrfach geändert worden. Es ist also darauf zu achten, dass die richtige Gesetzesfassung angewendet wird. Abzustellen ist auf den Unfalltag. Für Sachschäden sind die Beträge gestiegen von 100.000 DM (Unfalltag zwischen 1.1.1978–31.7.2002), auf 300.000 EUR (Unfalltag zwischen 1.8.2002–17.12.2007) und zuletzt auf 1.000.000 EUR (Unfalltag ab 18.12.2007). Für Tötungs- und Verletzungsschäden beläuft sich die Steigerung für die genannten Unfallzeitpunkte bei Schädigung einer Person von 500.000 DM auf 600.000 EUR und sodann auf 5.000.000 EUR. Bei der Schädigung mehrerer Personen verbleibt es nach jetzt geltendem Recht bei dem Höchstbetrag von 5.000.000 EUR, zuvor galten unterschiedliche Beträge (750.000 DM, 3.000.000 EUR für die beiden erstgenannten Zeiträume).
Rz. 259
Bei Tötungs- und Verletzungsschäden galten früher unterschiedliche Sätze, heute ist die Rente im Rahmen des Höchstbetrages frei bestimmbar. Wegen der einzelnen Beträge auch beim Transport gefährlicher Güter (§ 12a StVG) und bei Unfällen mit Gleiskettenfahrzeugen (§ 12b StVG) wird auf die tabellarischen Darstellungen bei Jahnke verwiesen. Nach der geltenden Regelung erhöht sich bei der geschäftsmäßigen Personenbeförderung für den ersatzpflichtigen Halter des befördernden Kraftfahrzeugs oder Anhängers bei der Tötung oder Verletzung von mehr als acht beförderten Personen der Betrag von 5.000.000 EUR um 600.000 EUR für jede weitere getötete oder verletzte beförderte Person. Höchstbeträge zu §§ 9, 10 HaftpflG, § 88 AMG, §§ 37, 48 Abs. 3 LuftVG, § 8 BDSG, § 33 GenTG, § 10 ProdHaftG, § 15 UmweltHaftG sind anderweit in der Literatur dargestellt. §§ 451c, 451e HGB ist aufgehoben.
Rz. 260
Die Kosten, die der Geschädigte für die Rechtsverfolgung vor und im Prozess aufwenden muss, zählen nicht zu den Schäden, die nur innerhalb der Höchstgrenzen des § 12 StVG zu ersetzen sind.
Rz. 261
In einem Fall, in dem Haftungshöchstbeträge die Leistungspflicht des Schädigers begrenzen, ist zunächst in vollem Umfang durchzuprüfen, in welcher Höhe der Anspruch des Geschädigten besteht. Erst der sich dann ergebende Schadensersatzbetrag ist nur im Rahmen der Höchstgrenzen zu befriedigen. Besteht eine Mitverantwortlichkeit des Geschädigten, ist keine Quote aus dem Höchstbetrag zu bilden. Der Geschädigte erhält den vollen, ihm unter Berücksichtigung seiner Mithaftung zustehenden Schadensersatz, sofern sich dieser in den Höchstgrenzen des § 12 StVG hält. Für die Ersatzansprüche mehrerer Geschädigter hinsichtlich ihrer Personenschäden trifft § 12 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG eine Regelung. Die mehreren Geschädigten sind dabei keine Gesamtgläubiger. Bei der Verteilung der Höchstsummen des § 12 StVG auf die mehreren Beteiligten ist zunächst der Schaden jedes einzelnen Verletzten festzustellen und ggf. entsprechend seiner Mitverursachungsquote zu reduzieren; sodann ist gemäß § 12 Abs. 2 StVG im Verhältnis des Gesamtbetrags aller Schäden zum Höchstbetrag eine Verringerung der auf jeden einzelnen Verletzten entfallenden Entschädigung vorzunehmen. Soweit die mehreren...