Rz. 282
Die Verjährung des deliktischen Schadensersatzanspruchs des Verletzten gegen den Schädiger richtet sich – auch hinsichtlich des Erwerbsschadens – nach § 199 BGB. Nach dessen Abs. 1 beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Abs. 2 bestimmt, dass Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an verjähren. Abs. 2 ordnet einen rein objektiv bestimmbaren Verjährungsablauf an, der immer dann zum Zuge kommt, wenn die Verjährung nicht zuvor bereits nach Abs. 1 vollendet worden ist. Es handelt sich also um eine Höchstfrist.
Rz. 283
Nach § 115 Abs. 2 VVG unterliegt der Direktanspruch gegen den Versicherer der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
Rz. 284
Zu den Voraussetzungen der Verjährung im Einzelnen siehe § 21 Rdn 1 ff. Im vorliegenden Zusammenhang sollen hier nur folgende für den Erwerbsschaden wichtige Punkte erörtert werden:
Rz. 285
Der Erwerbsschaden (und innerhalb dessen auch z.B. der Anspruch auf Verdienstausfall oder Ersatz des Haushaltsführungsschadens) stellt einen selbstständigen Teil des Gesamtschadens des Verletzten dar, dessen Geltendmachung gegebenenfalls nur für diesen eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung bewirkt.
Rz. 286
Hat der Verletzte hinsichtlich des ihm durch das Unfallereignis entstandenen und noch entstehenden Schadens ein Feststellungsurteil gegen den Schädiger erwirkt, so kommt ihm grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB zugute. Dies gilt auch, soweit der Verletzte hernach einen Anspruch auf Ersatz eines Erwerbsschadens durch Kapitalabfindung (§ 843 Abs. 3 BGB) geltend macht. Für den Regelfall, dass der Verdienstausfallschaden durch Rentenzahlung auszugleichen ist, ist jedoch § 197 Abs. 2 BGB zu beachten, wonach es bei der kürzeren Verjährungsfrist bewendet, soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, künftig fällig werdende Leistungen bezieht. Rückständige Rentenbeträge verjähren also gem. § 199 BGB n.F. in drei Jahren (in Altfällen vor dem 1.1.2002 galt gem. § 197 BGB a.F. eine Frist von in vier Jahren). Das gilt auch dann, wenn das Stammrecht durch ein Feststellungsurteil oder durch ein titelersetzendes Anerkenntnis des Haftpflichtversicherers langfristig gegen Verjährung geschützt ist. Allerdings kommen ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung, ein Anerkenntnis des Versicherers durch laufende Zahlungen oder ein sonstiges Anerkenntnis in Betracht; ferner kann die Erhebung der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstoßen. Hat der Berechtigte das Stammrecht verjähren lassen, so sind auch alle seine Ansprüche auf die jeweilig fällig gewordenen Rentenleistungen verjährt.
Rz. 287
Nach § 203 BGB ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert; die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein. Eine solche Sachlage kann etwa vorliegen, wenn der Geschädigte gegenüber dem Haftpflichtversicherer auf die Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Situation hingewiesen und weiteren Schaden angemeldet hat und diese Anspruchsberühmung sodann in weitere Verhandlungen über die Berechtigung der Nachforderungen mündet, in deren Verlauf der Kläger auf Veranlassung des Versicherers mehrfach ärztlich untersucht wird.
Rz. 288
Kommt der Schädiger mit der Schadensersatzleistung in Verzug, so unterliegt der Verzugsschadensanspruch grundsätzlich derselben Verjährungsfrist wie der Hauptschadensersatzanspruch. Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Verzugsschadens wird aber nicht bereits durch die gerichtliche Geltendmachung des Hauptschadensersatzanspruchs unterbrochen. Im Übrigen gilt fü...