Rz. 95
Da der Beschluss, durch den der Rechtsanwalt der Partei beigeordnet wird, nicht automatisch zu einer Prozessbevollmächtigung führt, darf nicht vergessen werden, von der Partei eine Prozessvollmacht einzuholen. Es ist zu prüfen, ob der Mandant die Einreichung seiner Klage von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat oder ob er das Klageverfahren auch dann durchführen möchte, wenn die PKH nicht bewilligt wird. Soll die Klage nur unter der Bedingung (das ist oft der Fall) rechtshängig werden, dass PKH bewilligt wurde, ist darauf zu achten, dass die Klage – zur Darlegung des Streitgegenstandes bietet sich die Beifügung eines Klageentwurfs an – nur im ENTWURF an das Gericht übermittelt wird. Der Entwurf ist als solcher deutlich zu kennzeichnen, z.B. mit einem Leuchtstift oder einem im Dokument versehenen Wasserzeichen "Entwurf", und nicht vom Anwalt zu unterschreiben, damit es nicht zu einer unbeabsichtigten Einreichung und damit zur Auslösung von Gerichtskosten kommt. Einige Kanzleien verfahren so, dass der Anwalt die Klage schon unterschreibt und ein deutlicher Hinweis erfolgt, dass sie nur unter der Bedingung als eingereicht gelten soll, dass Prozesskostenhilfe auch bewilligt wird. So kann man sich zwar das erneute Einreichen der "richtigen" Klage nach Bewilligung sparen. Das ist aber nicht ganz ungefährlich, so vorzugehen. Denn, wenn bei der Geschäftsstelle dieser Wunsch übersehen wird, gilt die Klage schon als eingereicht mit der Folge, dass bei Ablehnung der PKH die Klage zurückgenommen werden müsste und Gerichtskosten anfallen. Das Risiko, dass dies bei Gericht übersehen wird, trägt der Einreicher, also die Kanzlei.
Rz. 96
Sofern der Hauptsacheprozess gewonnen wird, empfiehlt es sich in aller Regel, zunächst den Vergütungsanspruch gem. § 49 RVG gegenüber der Staatskasse festsetzen und sich von dieser erstatten zu lassen und nur wegen der Differenz gem. § 13 RVG und § 126 ZPO gegen den Gegner vorzugehen, da die Staatskasse in aller Regel zahlt. Natürlich könnte man bei Obsiegen auch die gesamten Kosten gegen den Gegner festsetzen lassen und nicht mehr mit der Staatskasse abrechnen. Da man aber nicht sicher sagen kann, ob der Gegner die festgesetzten Kosten schnell und in voller Höhe zahlen kann, birgt diese Vorgehensweise immer das Risiko, dass erst nach Vollstreckung oder gar überhaupt nicht der Vergütungsanspruch realisiert werden kann. In jedem Falle sollte in einem Rechtsanwaltsbüro grundlegend besprochen werden, wie man bei der Abrechnung von PKH-Fällen vorgeht, damit kein Gebührenanspruch übersehen wird.
Rz. 97
Der Mandant ist darauf hinzuweisen, dass er auch im Fall der Bewilligung von PKH damit rechnen muss, dass bis zu vier Jahre nach Rechtskraft der Bewilligung eine Rückforderung durch das Gericht erfolgen kann, z.B. dann, wenn er einen Prozess mit hohem Streitwert gewinnt. Auch auf mögliche Differenzvergütungsansprüche des Anwalts ist der Mandant hinzuweisen, ebenso auf die Tatsache, dass bei einem Verlust des Prozesses die Staatskasse auch bei Bewilligung von PKH die gegnerischen Kosten nicht übernimmt, sondern vielmehr er selbst diese Kosten nach der Tabelle zu § 13 RVG zu tragen hat. Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung sowie auch nach dem Festsetzungsantrag erhalten hat, sind gegenüber der Staatskasse anzugeben. Dabei sind die kompletten Zahlungen anzugeben, auch wenn der Rechtsanwalt diese "behalten" darf. Im Festsetzungsantrag wird also nicht nur der Betrag angegeben, der auf die Vergütung auf die Staatskasse noch anzurechnen wäre, sondern der Gesamtbetrag der erhaltenen Zahlungen und Vorschüsse.