Rz. 182
Durch § 3 Abs. 1 d ARB wird das gesamte Baurisiko vom Versicherungsschutz ausgenommen. Zweck der Ausschlussklausel ist es, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Auseinandersetzungen um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen relativ kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Es handelt sich hierbei um einen nicht auf zivilrechtliche Auseinandersetzungen beschränkten, sondern umfassenden Ausschluss für sämtliche Rechtsbereiche, also auch z.B. für Verfahren wegen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben (§§ 324 Abs. 1, 3; 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Ein ähnlicher Ausschlusstatbestand findet sich in § 4 Abs. 1 k ARB 75, der aber eine Fülle von Zweifelsfragen auslöste. Mit der Neuregelung sollte Klarheit geschaffen werden, was jedoch nur zum Teil gelungen ist. In § 3 Abs. 1 d ARB werden vier Fallgruppen geregelt.
a) Vier Fallgruppen des Abs. 1 d bzw. Nr. 3.2.2 ARB 2012
Rz. 183
§ 3 Abs. 1 d aa ARB bzw. Nr. 3.2.2 Alt. 1 ARB 2012 schließt die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vom Versicherungsschutz aus, die in ursächlichem Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung eines zu Bauzwecken bestimmten Grundstücks stehen. Nach dieser Bestimmung, die für Veräußerer und Erwerber gilt, besteht kein Versicherungsschutz, wenn ein angebliches Baugrundstück (diese Eigenschaft ergibt sich in aller Regel aus dem Kaufvertrag) Mängel aufweist (etwa frühere Mülldeponie), die eine Bebauung unmöglich machen oder erschweren, und der Erwerber deshalb den Kaufvertrag wandelt oder Schadensersatzansprüche geltend macht. Streitigkeiten aus Kaufverträgen über den Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Gebäudes nach Erstellung (Zweit- oder Dritterwerber) fallen nicht unter den Risikoausschluss.
Rz. 184
Nach § 4 Abs. 1 k ARB 75 ist das (versicherte) Erwerbsrisiko grundsätzlich vom allein ausgeschlossenen Baurisiko zu trennen, so dass auch hinsichtlich Streitigkeiten betreffend den Erwerb eines Baugrundstücks kein Ausschluss greift, wenn nur das Erwerbsrisiko betroffen ist und kein qualifizierter Zusammenhang zum Baurisiko (im Sinne der technischen Planung/Errichtung des Bauwerks) besteht.
Rz. 185
§ 3 Abs. 1 d bb ARB bzw. Nr. 3.2.2 Alt. 2 ARB 2012 schließt die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vom Rechtsschutz aus, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Planung (Architektenvertrag, Statikervertrag) oder Errichtung (Bauvertrag, Bauhandwerkervertrag) eines Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt (damit fallen auch Auseinandersetzungen mit Bauträgern unter den Risikoausschluss). Nach diesem umfassenden Ausschluss sind alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines Gebäudes vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Rz. 186
Nach LG Bielefeld fallen auch Streitigkeiten aus dem Kauf und dem Einbau von Einbaumöbeln/Einbauküchen unter den Risikoausschluss, wenn es sich um den Einbau von wesentlichen Bestandteilen (des Grundstückes) handelt. Der Erwerb von Baumaterialien und die sich aus ihm ergebenden Streitigkeiten sollen ebenfalls unter den Risikoausschluss fallen, ebenso wie baustellentypische Unfälle, z.B. durch Umstürzen eines Baugerüsts. Auch Schadensersatzansprüche aufgrund einer Täuschung beim Abschluss des Bauvertrags sind danach ausgeschlossen. Nicht unter den Risikoausschluss fällt die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem zu diesem Zweck angepachteten Dach einer im fremden Eigentum stehenden Scheune. Anders wurde dies durch das OLG Hamm bei einer Individualklausel beurteilt, welche zusätzlich auch die Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung "sonstiger baulicher Anlagen" ausschließt.
Rz. 187
Nach § 3 Abs. 1 d cc ARB bzw. Nr. 3.2.2 Alt. 3 ARB 2012 fällt die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt, unter den Risikoausschluss. Ergeben sich unter diesen Voraussetzungen Streitigkeiten mit Architekten, Statikern, Bauhandwerkern etc., besteht kein Rechtsschutz. Nachdem in vielen landesrechtlichen Bauordnungen die Genehmigungspflicht von baulichen Veränderungen sehr eingeschränkt worden ist und damit für § 3 Abs. 1 d cc ARB kaum mehr ein Anwendungsgebiet verbliebe, sind die neuere Fassung der ARB 2000 sowie die ARB 2008/2010...