Leitsatz (amtlich)

Der Ausschluss der Baurisikoklausel des § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 entfällt nicht deshalb, weil im Zusammenhang mit der Eingehung eines Bauvertrags dem Vertragspartner Betrug vorgeworfen wird.

 

Normenkette

ARB 2002 § 3 Abs. 1b bb; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 263

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 22.05.2012; Aktenzeichen 3 O 12/12)

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung. Dem Vertrag liegen die ARB 2002 zugrunde, die unter § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 folgende Ausschlussklausel vorsehen:

"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, der sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt".

Die Kläger erwarben unter Vermittlung von Herrn Willfried K. ein Grundstück. Herr K. wurde als Inhaber des Büros "K. bautechnik und Projektentwicklung" mit der "Erstellung einer Doppelhaushälfte" auf dem erworbenen Grundstück beauftragt. Auf Aufforderung des Rohbauunternehmers, der Firma D. Bau-GmbH, erteilten die Kläger Herrn K. Vertretungsvollmacht. Bei Vertragsschluss gingen die Kläger davon aus, dass Willfried K. die Bauleistungen in eigener Person erbringen werde. Tatsächlich schuldete Willfried K. aus der Vereinbarung lediglich die Erbringung von Planungs- und Betreuungsleistungen. Ohne Kenntnis der Kläger beauftragte Willfried K. namens der Kläger die D. Bau-GmbH mit den Rohbauarbeiten. Sowohl Herr K. als auch die D. Bau-GmbH forderten von den Klägern Teilzahlungen orientiert am Baufortschritt, die von den Klägern bis auf einen Restbetrag aus den Rechnungen der D. Bau-GmbH bezahlt wurden. Auf Anfrage der Kläger nach dem Inhalt seiner Leistungspflicht und der Verrechnung der Zahlungen auf die Werkleistung teilte Willfried K. mit, das Projekt lediglich geplant und bauleitend begleitet zu haben.

Mit der Begründung, systematisch von Willfried K. und dem Geschäftsführer der D. Bau-GmbH über den Inhalt der Leistungspflicht von Herrn K. getäuscht worden zu sein, ersuchten die Kläger die Beklagte um Bewilligung von Versicherungsschutz zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Willfried K. und den Geschäftsführer der D. Bau-GmbH, was die Beklagte unter Hinweis auf die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 1b) bb) der Versicherungsbedingungen ablehnte.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Ausschlussklausel erfasse nicht die Rechtsangelegenheit, da Gegenstand der Schadensersatzansprüche nicht der bauvertragliche Leistungsaustausch, sondern ein Betrugsgeschehen sei, welches nicht in einem inneren Zusammenhang mit den typischen Risiken der Planung und Erstellung eines Gebäudes stehe.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich der von den Klägern angestrebten Schadensersatzklage bestehe ein zeitlicher sowie innerer sachlicher Zusammenhang zu einem nicht versicherten Baurisiko, da die Auslegung und Durchführung der geschlossenen Bauverträge im Streit sei.

das LG hat die Deckungsklage unter Hinweis auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes nach § 3 Abs. 1b) bb) ARB abgewiesen. Gegenstand der Auseinandersetzung sei die Auslegung der Bauverträge sowie die Frage, ob die Bauleistungen ordnungsgemäß abgerechnet worden seien, womit aber das typische Baurisiko betroffen sei, das nach der Ausschlussklausel vom Versicherungsschutz ausgenommen werde.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte ist den Klägern nicht zur Gewährung von Deckungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung unter die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 fällt und daher vom Versicherungsschutz ausgenommen ist.

1. Versicherungsbedingungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGH VersR 2001, 489; BGH VersR 2003, 454). Bei Risikoausschlussklauseln - wie vorliegend bei § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 der Fall - geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel es gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGH VersR 2001, 489; BGH VersR 2003, 454).

2. Dabei verfolgt die Ausschlussklau...

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