Rz. 194

Nach § 3 Abs. 2 ARB besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Bereich weiterer Rechtsgebiete kein Versicherungsschutz, etwa:

1. Abwehr von Schadenersatzansprüchen, Abs. 2 a bzw. Nr. 3.2.3 ARB 2012

 

Rz. 195

Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen, es sei denn, dass diese auf einer Vertragsverletzung beruhen (§ 3 Abs. 2 a ARB). Der Risikoausschluss hat lediglich eine klarstellende Funktion, da die Abwehr bereits in den versicherten Leistungsarten gem. § 2 ARB nicht enthalten ist. Solchen Rechtsschutz zu gewähren, ist nicht Aufgabe der Rechtsschutzversicherung, sondern obliegt der Haftpflichtversicherung im Rahmen ihrer Funktion, unberechtigte Schadenersatzansprüche abzuwehren (§ 100 VVG bzw. § 3 II Nr. 1 S. 1 AHB). Auch der Versicherungsnehmer, der keinen Haftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen hat, genießt also für die Abwehr von gegen ihn geltend gemachten Schadenersatzansprüchen (Deliktshaftung, Gefährdungshaftung) keinen Rechtsschutz.

 

Rz. 196

Versicherungsschutz besteht allerdings, soweit es sich um Schadenersatzansprüche handelt, die auf vertraglicher Grundlage beruhen (§ 2 b, c, d ARB).

 

Rz. 197

 

Hinweis

Wird gegen einen Versicherungsnehmer ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht, der auf § 280 Abs. 1 BGB (frühere pVV) und auf Deliktshaftung gestützt wird, so besteht Rechtsschutz nur hinsichtlich des vertraglichen Schadenersatzanspruchs.

2. Kollektives Arbeits- und Dienstrecht, Abs. 2 b bzw. Nr. 3.2.4 ARB 2012

 

Rz. 198

Kollektives Arbeits- oder Dienstrecht fällt nicht unter den Rechtsschutz (§ 3 Abs. 2 b ARB). Hierzu gehören vor allem Streitigkeiten des Versicherungsnehmers aus dem Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht.

3. Recht der Handelsgesellschaften und Anstellungsverhältnisse gesetzlicher Vertreter juristischer Personen, Abs. 2 c bzw. Nr. 3.2.5 ARB 2012

 

Rz. 199

Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften oder aus Anstellungsverhältnissen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen ist gem. § 3 Abs. 2 c ARB vom Rechtsschutz ausgeschlossen.

 

Rz. 200

Handelsgesellschaften sind: OHG, KG, GmbH, AG, KGaA, GmbH & Co. KG (weil einer juristischen Person sehr nahekommend),[193] nicht jedoch stille Gesellschaft,[194] BGB-Gesellschaft und Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 Abs. 1 a PartGG).

 

Rz. 201

Der Risikoausschluss des § 3 Abs. 2 c ARB nimmt auch Auseinandersetzungen aus Anstellungsverhältnissen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen vom Rechtsschutz aus. Dieser Risikoausschluss ist in der Praxis von nicht unerheblicher Bedeutung. Er setzt nicht voraus, dass der gesetzliche Vertreter Einzelvertretungsmacht hat; es genügt, wenn er gemeinschaftlich mit anderen zur Vertretung befugt ist. Nach BGH[195] greift der Risikoausschluss immer dann ein, wenn es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Vertrag geht, der das Anstellungsverhältnis des gesetzlichen Vertreters der juristischen Person regelt. Ob diese juristische Person, ihr Träger oder ihr wirtschaftlicher Inhaber Partei des Anstellungsvertrages ist, ist unerheblich.[196]

 

Rz. 202

Unter diese Ausschlussklausel fallen nur Streitigkeiten, die im Kern in typischen gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander ihren Schwerpunkt haben. Bei primär schuldrechtlicher Anspruchsgrundlage besteht nur dann kein Versicherungsschutz, wenn die Interessenwahrnehmung erst durch die Gesellschafterstellung ihr Gepräge erhalten hat. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn es um die Veräußerung oder den Erwerb von Anteilsrechten an einer Kapitalgesellschaft geht und dabei gesellschaftsrechtliche Belange nicht im Vordergrund stehen ("aus dem Recht der Handelsgesellschaften").[197] Wie der BGH[198] in seiner Entscheidung zu den T-Aktien klargestellt hat, ist die Schadenersatznorm des § 45 BörsG nicht dem Recht der Handelsgesellschaften, sondern dem Kapitalmarktrecht zuzuordnen. Zudem seien in dem entschiedenen Fall der Prospekthaftung wegen unzutreffender Immobilienbewertungen nicht die Ansprüche des Anlegers als Aktionär (Gesellschaftsrecht), sondern als Teilnehmer am Kapitalmarkt (Geldanlagerisiko) betroffen. Da schließlich der haftungsbegründende Vorgang vor Erwerb der Aktie liege (Inverkehrbringen unzutreffender Prospekte), greife der Ausschluss nicht. In einer weiteren Entscheidung hat der BGH noch einmal klargestellt, dass die Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen generell keine Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften darstellt.[199]

 

Rz. 203

 

Hinweis

Als Konsequenz der genannten BGH-Entscheidungen wird durch neuere auf dem Markt befindliche Individualklauseln gelegentlich und inzwischen auch gem. § 3 Abs. 2 f ARB 2010 explizit das Geldanlagerisiko ausgeschlossen.

[193] LG Osnabrück VersR 1998, 1108 = r+s 1998, 244 = zfs 1998, 191.
[194] Vgl. jüngst OLG Celle VersR 2005, 1139 für die Beteiligung als "atypisch stiller Gesellschafter" an einer Publikums-AG zwecks Aufbaus einer Altersvorsorge.
[195] BGH NJW 1998, 1154 = r+s 1998, 157 = MDR 1998, 302 = zfs 1998, 150; so auch OLG Nürnberg VersR 1998, 1233.
[196] So BGH a.a.O.
[197] OLG Hamm VersR 2001, 712 = r+s 2001, 116 = NVersZ 2001, 183 = zfs 2001, 378.

4. Geistiges Eigentum, Abs. 2 d bzw. Nr. 3.2.6 ARB 2012

 

Rz. 204

Die Wahrneh...

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