Rz. 59
Macht nach einem Versicherungsfall der Versicherungsnehmer seinen Rechtsschutzanspruch geltend (§ 17 Abs. 3 ARB), so muss der Rechtsschutzversicherer über seine Eintrittspflicht entscheiden. Der Versicherungsnehmer ist daran interessiert, den ihm zu gewährenden Rechtsschutz schriftlich dokumentiert zu erhalten. Die Deckungszusage gibt dem Versicherungsnehmer "grünes Licht" für seine Rechtsverfolgung/Rechtsverteidigung. Er verlässt sich auf sie; sie ist die Grundlage seines weiteren Vorgehens. Deshalb sehen § 17 Abs. 4 S. 1 ARB bzw. Nr. 4.1.2 ARB 2012 vor (die ARB 75 enthielten eine solche Regelung nicht), dass der Rechtsschutzversicherer den Umfang des für den Rechtsschutzfall bestehenden Versicherungsschutzes zu bestätigen hat. Der Versicherungsnehmer hat auf die Erteilung der Deckungszusage einen einklagbaren Anspruch. Verursacht der Versicherungsnehmer vor Erteilung der Deckungszusage kostenauslösende Maßnahmen, so hat der Rechtsschutzversicherer nach § 17 Abs. 4 S. 2 ARB bzw. Nr. 4.1.2 S. 3 ARB 2012 diese Kosten nur insoweit zu tragen, als er sie bei einer Rechtsschutzbestätigung vor Einleitung dieser Maßnahmen zu tragen hätte. Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 S. 2 ARB, deren rechtliche Natur zweifelhaft ist, hat in der Praxis keine große Bedeutung; sie hat vor allem eine klarstellende Funktion.
Rz. 60
Hinweis
Will der Rechtsschutzversicherer den Rechtsschutz aus den Gründen des § 18 Abs. 1 a ARB (Mutwilligkeit) oder gem. § 18 Abs. 1 b ARB (fehlende hinreichende Erfolgsaussicht) ablehnen, muss er dies dem Versicherungsnehmer unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich mitteilen (so auch § 17 Abs. 1 S. 2 ARB 75). "Unverzüglich" bedeutet in diesem Zusammenhang eine Frist von zwei bis drei Wochen nach vollständiger Informationserteilung. Zugleich ist der Versicherungsnehmer mit der Ablehnung auf das in den Bedingungen zur Klärung vorgesehene Stichentscheids- (ARB 75) oder Schiedsgutachterverfahren (ARB 94) hinzuweisen. Versäumt der Rechtsschutzversicherer diese Frist, muss er Deckung gewähren, § 128 S. 3 VVG.
Rz. 61
Die Deckungszusage hat den Charakter eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das aber spätere Einwendungen und Einreden nicht ausschließt, die der Rechtsschutzversicherer bei Abgabe der Deckungszusage nicht gekannt hat oder mit denen er zumindest nicht rechnete. Zutreffend wird ein Einwendungsausschluss aber auch hinsichtlich der Einwendungen anzunehmen sein, die der Rechtsschutzversicherer bei Abgabe der Deckungszusage kennen musste, also fahrlässig nicht gekannt hat. Dieser Einwendungsausschluss kann auch nicht wirksam durch einen entsprechenden Vorbehalt in der Deckungszusage umgangen werden. Allerdings entlastet die Deckungszusage den Anwalt nicht von seinen generellen, im Rahmen des Anwaltsvertrags bestehenden Prüfungspflichten, so dass vertreten wird, dass die Erteilung der Deckungszusage ein Mitverschulden des Versicherers an einer fehlerhaften Prozessführung des Anwalts oder die Hinderung an der späteren Geltendmachung von Regressansprüchen gem. § 242 BGB nicht zu begründen vermag, z.B. bei Erhebung einer unschlüssigen Klage. Die Gegenmeinung geht hingegen davon aus, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten und anschließende Erteilung der Deckungszusage durch den Rechtsschutzversicherer die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Anwalt wegen von vornherein erkennbarer Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung gerade ausschließt. Das ergibt sich aus der Wirkung der Deckungszusage als deklaratorisches Schuldanerkenntnis, wonach der Rechtsschutzversicherer mit sämtlichen ihm bekannten Einwendungen und Einreden ausgeschlossen ist. Da sich jedoch die Wirkung der Deckungszusage aufgrund des Dreiecksverhältnisses lediglich auf das Rechtsschutzversicherungsverhältnis und damit den Versicherungsnehmer beschränkt, dürften Schadensersatzansprüche aus dem Anwaltsvertrag, welche gem. § 86 Abs. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergehen, von der Deckungszusage tatsächlich nicht berührt sein. Vgl. hierzu im Einzelnen Rdn 95.
Rz. 62
Eine Deckungszusage wirkt immer nur für eine (Gerichts-)Instanz. Für die nächste Instanz muss wieder geprüft und eine neue Deckungszusage erteilt werden.
Die Deckungszusage bestätigt lediglich die Deckungspflicht dem Grunde nach, sodass eine Feststellungsklage dahingehend, dass der Rechtsschutzversicherer verpflichtet ist, eine sich auch auf einen bestimmten Streitwert erstreckende Deckungszusage (im dortigen Fall für einen Arzthaftungsprozess) zu erteilen, unzulässig ist.
Eine Deckungszusage "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" unter Vorbehalt eventueller Schlechterfüllungsansprüche gegen den Anwalt stellt eine bindende Deckungszusage gegenüber dem Versicherungsnehmer dar, da der Versicherer durch die fehlende Anerkennung einer Rechtspflicht lediglich zum Ausdruck bringt, dass er sich zwar nicht zur Deckungszusage verpflichtet sieht, diese aber dennoch bindend erteilt.
Rz. 63
Da die Deckungszus...