Rz. 327

Grundsätzlich sind der anerkennenden Partei die Kosten des Verfahrens nach § 91 ZPO aufzuerlegen. Nach § 93 ZPO hat allerdings der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, sofern der Beklagte

den Klageanspruch sofort anerkennt und
durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
 

Rz. 328

Ein sofortiges Anerkenntnis liegt grundsätzlich nur vor, wenn dies im schriftlichen Verfahren nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO vor der Verteidigungsanzeige und dem Antrag auf Klageabweisung erklärt wird. Allerdings zeigt die Rechtsprechung hier eine Bandbreite. So wird es teilweise auch als ausreichend angesehen, wenn das Anerkenntnis erst nach der Verteidigungsanzeige aber innerhalb der Klageerwiderungsfrist erfolgt.[214] Seit die Zivilprozessordnung dahin geändert ist, dass das Anerkenntnis keiner mündlichen Verhandlung mehr bedarf (§ 307 S. 2 ZPO), sondern jederzeit möglich ist, muss der Beklagte es nach Ansicht des OLG Celle innerhalb derjenigen Frist abgeben, die das Gericht ihm zur Stellungnahme auf denjenigen Schriftsatz gesetzt hat, der nach einer Klageänderung den begründeten Klageantrag enthält, oder, falls keine Frist gesetzt ist, in dem ersten Schriftsatz, in welchem er zu dem geänderten Antrag Stellung bezieht.[215] Ist im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil ergangen, so ist – ungeachtet der Vorschrift des § 342 ZPO – ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten nach § 93 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn diesem eine angemessene Klageerwiderungsfrist gesetzt wurde und diese verstrichen ist.[216] Ein Anerkenntnis in der Klageerwiderung ist dagegen ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO, auch wenn der Beklagte im PKH-Verfahren keine Stellungnahme abgegeben hat.[217]

 

Rz. 329

 

Hinweis

Der Bevollmächtigte muss besondere Sorgfalt walten lassen, damit er nicht – quasi automatisch – die Verteidigungsanzeige in der Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung einer Klageschrift anzeigt und gegebenenfalls auch bereits die Klageabweisung beantragt, bevor er in eine Sachprüfung eingetreten ist und festgestellt hat, ob ein teilweises oder gänzliches Anerkenntnis in Betracht kommt, und dies mit dem Mandanten erörtert hat.

 

Rz. 330

Anlass zur Klage hat der Beklagte dann nicht gegeben, wenn er sich vorprozessual so verhalten hat, dass der Kläger nicht davon ausgehen durfte, allein nach Anrufung des Prozessgerichts seinen Anspruch durchsetzen zu können.[218] Grundvoraussetzung dafür, dass der Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, ist damit, dass der Kläger ihn überhaupt zur Leistung aufgefordert hat und der Beklagte auf die Leistungsaufforderung nicht oder nicht adäquat reagiert hat. Ein Schuldner gibt keinen Anlass zur Klage i.S.d. § 93 ZPO, wenn er nicht an den Erben des Gläubigers leistet, bevor dieser ihm seine Erbenstellung nachgewiesen hat.[219]

 

Rz. 331

 

Hinweis

Dafür, dass keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben wurde, trifft den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast.[220] Anderes gilt nur dann, wenn der Kläger auf künftige und wiederkehrende Leistung klagt oder wegen der Besorgnis der Nichterfüllung. In diesem Fall trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Veranlassung der Klage durch den Beklagten.[221]

 

Rz. 332

Eine Veranlassung zur Klageerhebung fehlt insbesondere dann, wenn der Anspruch zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage noch überhaupt nicht fällig oder sonst nicht durchsetzbar war. Auch wenn eine angemessene Prüfungs- und Regulierungsfrist noch nicht abgelaufen war, kann es an einem Anlass zur Klageerhebung fehlen.

 

Rz. 333

 

Hinweis

Hier muss insbesondere geprüft werden, ob dem Beklagten Zurückbehaltungsrechte zustehen. Solange ein solches Zurückbehaltungsrecht besteht und der Kläger dies in seiner Antragstellung nicht berücksichtigt, bedarf es keines Anerkenntnisses. Damit ist ein sofortiges Anerkenntnis auch noch möglich, wenn der Kläger seinen Antrag ändert oder das Zurückbehaltungsrecht erlischt.[222] Auch wenn die Klage zunächst unschlüssig war, ist ein sofortiges Anerkenntnis noch in dem Zeitpunkt möglich, in dem der Kläger seinen Vortrag nachbessert und die Klage schlüssig wird.[223] Im Übrigen zeigt sich eine breite Kasuistik der obergerichtlichen Rechtsprechung und in den Entscheidungen der erstinstanzlichen Gerichte, die im Einzelfall überprüft werden muss.[224]

[214] OLG Saarbrücken OLGR 2009, 533.
[215] OLG Celle OLGR 2009, 319.
[216] LG Mannheim v. 9.6.2009 – 2 O 200/08 n.v.
[217] OLG Hamburg NJW 2009, 2318.
[218] OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 74; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 93 Rn 3.
[219] KG Berlin NJW-RR 2009, 1073; OLG Hamburg OLGR 2003, 101.
[220] OLG Frankfurt v. 3.4.2009 – 19 W 13/09 n.v.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 74.
[221] OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 74.
[222] S. hierzu BGH NJW-RR 2005, 1005.
[224] S. etwa die alphabetische Übersicht bei Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 93 Rn 6.

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