Rz. 180

Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so kann der Beklagte seinerseits beantragen, dass sein Antrag auf Klageabweisung durch Versäumnisurteil beschieden wird. Voraussetzung ist, dass die Klage zulässig war.

 

Rz. 181

 

Hinweis

Ist die Klage unzulässig, so kann kein die Weiterführung des Prozesses zulassendes Versäumnisurteil ergehen. Vielmehr ist durch kontradiktorisches Urteil in Form eines sog. unechten Versäumnisurteils zu entscheiden, das den Rechtsstreit zum endgültigen Abschluss bringt.[150] Der Unterschied der Entscheidung durch kontradiktorisches Urteil besteht darin, dass der Kläger gegen das Versäumnisurteil Einspruch einlegen könnte und so das Verfahren fortgesetzt wird. Gegen das kontradiktorische Urteil ist dagegen unmittelbar mit der Berufung vorzugehen, soweit die entsprechenden Voraussetzungen hierfür vorliegen, insbesondere die Berufung nach § 511 Abs. 2 ZPO überhaupt statthaft ist.

 

Rz. 182

 

Tipp

Ist die Klage deshalb unzulässig, weil der Kläger ein unzuständiges Gericht angerufen hat, so kann sich allerdings der Beklagte gem. § 39 ZPO rügelos einlassen, soweit kein Fall des § 40 ZPO vorliegt.

Dies hat für den Beklagten zunächst den Nachteil, dass der Kläger durch einen Einspruch das Prozessverfahren fortsetzen kann. Anderseits hat es für den Beklagten den Vorteil, dass er die Möglichkeit erhält, dass ein abschließendes Urteil ergeht, wenn der Kläger nachfolgend keinen Einspruch einlegt. Bei der Zurückweisung der Klage als unzulässig hätte der Kläger dagegen die Möglichkeit, erneut Klage zu erheben.

 

Rz. 183

Der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils durch den Beklagten wird regelmäßig nicht schriftlich gestellt, wenngleich dies vorsorglich möglich ist, sondern regelmäßig in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt.

 

Rz. 184

In gleicher Weise hat ein Versäumnisurteil gegen den Kläger zu ergehen, wenn er im Sinne von § 333 ZPO zur Sache nicht verhandelt.

 

Rz. 185

Bevor der Kläger es unterlässt, zur Sache zu verhandeln, muss er allerdings alternative Verhaltensmöglichkeiten überprüfen.

 

Rz. 186

 

Hinweis

Für den Mandanten bedeutet der Erlass eines Versäumnisurteils, dass der Gegner zunächst im Besitz eines Titels ist und gegen den Mandanten wegen der Kosten vollstrecken kann. Auch können allein durch den Erlass des Versäumnisurteils zusätzliche Kosten entstehen und nach § 344 ZPO selbst für den Fall, dass der Kläger später noch obsiegt, diesem auferlegt werden. Aus diesem Grunde hat das Bemühen des Bevollmächtigten grundsätzlich dahin zu gehen, ein solches Versäumnisurteil zu vermeiden.

 

Rz. 187

Als Alternativen zur tatsächlichen oder fiktiven (§ 333 ZPO) Säumnis kommen folgende Handlungsmöglichkeiten in Betracht:

Soweit das Gericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung Hinweise erteilt, wonach Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage bestehen oder es auf sachdienliche Anträge hinwirkt,[151] sollte er zunächst nach § 139 ZPO zu Protokoll erklären, dass er an einer sofortigen Erklärung zu dem gerichtlichen Hinweis nicht in der Lage ist, und um einen Schriftsatznachlass gem. § 139 Abs. 5 ZPO bitten. Einer Flucht in die Säumnis bedarf es in diesem Fall nicht.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann auch versuchen, die Vertagung der mündlichen Verhandlung gem. § 227 Abs. 4 ZPO zu erreichen.
 

Rz. 188

 

Tipp

Dabei kann insbesondere der Vertagungsgrund des § 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO geltend gemacht werden, wenn es dem Bevollmächtigten und der Partei ohne Verschulden nicht möglich war, den Termin zur mündlichen Verhandlung qualifiziert vorzubereiten.

 

Rz. 189

Wird dem Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht stattgegeben, kann sich hieraus ein Anhaltspunkt für die Besorgnis der Befangenheit der Richter ergeben.[152]

 

Rz. 190

 

Hinweis

Lehnt der Kläger die Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab und ist der Antrag nicht gänzlich willkürlich gestellt, so hat dies nach § 47 ZPO die Folge, dass sowohl die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung als auch die Bestimmung eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, mithin des Versäumnisurteils, nicht möglich ist. Allerdings kann der Richter nach § 47 Abs. 2 ZPO den Verhandlungstermin etwa mit der Durchführung einer Beweisaufnahme zu Ende bringen, wenn er erst während der mündlichen Verhandlung abgelehnt wird. Das Ergebnis der fortgesetzten Verhandlung ist nur dann zu wiederholen, wenn das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wird.

 

Rz. 191

Folgt das Gericht dem Vertagungsantrag des Klägers und weist den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils des Beklagten zurück, so kann der Beklagte hiergegen nach § 336 ZPO mit der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO vorgehen.[153]

 

Rz. 192

Im Rahmen der sofortigen Beschwerde wird sodann überprüft, ob:

der Vertagungsbeschluss zu Recht ergangen ist,
der Erlass eines Versäumnisurteils zu Recht abgelehnt wurde.
 

Rz. 193

 

Hinweis

Die Beschwerde hat auch dann keinen Erfolg, wenn zwar die Vertagung zu Unrecht bewilligt ...

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