Rz. 1
Über die rechtlichen Folgen des beurkundeten Kaufvertrags hat der Notar die Vertragsbeteiligten zu belehren – § 17 BeurkG. Zur Belehrung gehört jedoch nicht, über die steuerrechtlichen und die wirtschaftlichen Folgen zu beraten. Insbesondere trifft den Notar auch keine Amtspflicht, den Verkäufer einer Immobilie vor etwaigen Steuerpflichten, insbesondere solcher nach § 23 EStG zu warnen. Zudem muss der Notar die Grundbucheinsicht nicht zum Anlass nehmen, um den Sachverhalt für das eventuelle Eingreifen von Steuertatbeständen zu ermitteln. Insbesondere hat ihn der Preis, zu dem der Verkäufer zuvor das Grundstück erworben hatte, durchweg nicht zu interessieren; nur aus einem Vergleich zwischen den früheren Anschaffungskosten und dem jetzt vorgesehenen Verkaufspreis könnte sich aber ein Gewinn errechnen, der möglicherweise zu versteuern wäre.
Rz. 2
Sollte sich konkret in einem Einzelfall ergeben, dass der Notar befürchten muss, dass einem Beteiligten wegen mangelnder Kenntnis der Rechts- und Sachlage ein steuerlicher Schaden droht und wenn die Beteiligten auf die Klärung dieser steuerlichen Frage erkennbaren Wert legen und den Notar um eine entsprechende Auskunft bitten, hat der Notar über die drohenden Gefahren zu belehren. Das gilt, soweit die Risiken dem Notar bekannt sind. Zu einer Auskunft ist der Notar jedoch nicht verpflichtet. Es genügt der notariellen Amtspflicht, wenn der Notar die Beteiligten darauf hinweist, dass die Einschaltung eines steuerlichen Beraters sinnvoll sei und er als Notar nicht steuerlich beratend tätig ist. Auch ein Hinweis an den Beteiligten, dass dieser sich an die Finanzverwaltung zur Auskunft wenden kann, genügt der Amtspflicht.
Rz. 3
Verkauft ein Eigentümer ein Grundstück, das er zuvor geschenkt erhielt oder geerbt hatte, so kommt es hinsichtlich der Frist, ob Spekulationssteuer zu zahlen ist oder nicht, darauf an, wann der frühere Eigentümer das Grundstück erworben hatte. Kauft ein Miterbe den Erbteil eines anderen Miterben, so entstehen ihm insoweit Anschaffungskosten. Bei einem Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist muss der Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücks versteuert werden. Ein Hinweis des Notars auf die Einschaltung eines Steuerberaters kann im Zweifel wertvoll sein, denn eine vermiedene Steuer ist im Vergleich zu einem angemessenen Steuerberaterhonorar ein großer Vorteil für den Verkäufer.
Rz. 4
Freigestellt von der Spekulationssteuer ist die im Zeitraum zwischen der Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG.
Rz. 5
Eine Beratung des Notars insbesondere zu tiefergreifenden Fragen einer möglichen Spekulationssteuer sollte der Notar nicht vornehmen, sondern diese einem Steuerberater überlassen. Wenn der Notar dennoch eine Beratung diesbezüglich leisten will, so muss er ggf. für eine unrichtige Beratung auch einstehen. Außerdem müsste der Notar, der steuerberatend tätig wird, auch die geldwäscherechtlichen Pflichten des Steuerberaters beachten, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG auch zu den Verpflichteten des Geldwäschegesetzes gehören.