Rz. 230
Nach § 2227 BGB hat das Nachlassgericht auf Antrag eines der Beteiligten den Testamentsvollstrecker zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund, insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung durch den Testamentsvollstrecker, vorliegt (vgl. Muster Rdn 251).
Rz. 231
Die Voraussetzungen zu der Entlassung eines Testamentsvollstreckers sind dabei:
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gültige Ernennung des Testamentsvollstreckers (auch schon vor Amtsannahme und Amtsantritt), |
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keine bereits erfolgte Erlöschung des Amtes, |
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Vorliegen eines wichtigen Grundes, |
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Antrag eines Beteiligten. |
Rz. 232
Ein wichtiger Grund ist nicht nur bei den in § 2227 BGB genannten Beispielsfällen gegeben. Ein wichtiger Grund zur Entlassung kann sich auch in den Fällen ergeben, in denen ohne Rücksicht auf sein Verschulden begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sein oder sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder dem Nachlass Beteiligten ergeben würde. Bei Vorliegen wichtiger Gründe für eine Entlassung ist durch das Nachlassgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen, ob gleichwohl überwiegende Gründe für das Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt sprechen. Allein die subjektive Ablehnung, die die Erben der Person des Testamentsvollstreckers aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher Interessenvertreter des Erblassers entgegenbringen, reicht dabei nicht für die Annahme eines wichtigen Grundes i.S.d. § 2227 BGB aus. Allerdings stellt das Fehlen eines Ersuchens des Erblassers an das Nachlassgericht um die Ernennung eines Testamentsvollstreckers einen wichtigen Grund zur Entlassung des Testamentsvollstreckers dar. Kein wichtiger Grund liegt aber bspw. bereits dann vor, wenn zwischen dem Erben und dem Testamentsvollstrecker Differenzen in einer strittigen Auslegungsfrage vorliegen, und zwar auch dann, wenn der Testamentsvollstrecker eine ihm als Vermächtnisnehmer günstige Testamentsauslegung vertritt. Maßgeblich sind auch hier alle Umstände des Einzelfalls. Allein die Dauer einer Abwicklungsvollstreckung von zehn Jahren ist für sich allein kein Grund, von der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers auszugehen. Wichtiger Grund kann demnach sein:
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eine grobe Pflichtverletzung, d.h. eine erhebliche und zudem schuldhafte Zuwiderhandlung durch den Testamentsvollstrecker gegen die ihm kraft Gesetzes obliegenden Pflichten, wie Missachtung der Erblasseranordnungen oder der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung, eigennütziges Verhalten, insbesondere die Unterbreitung eines eigennützigen Auseinandersetzungsvorschlages, Nichtvorlage eines Nachlassverzeichnisses, Bevorzugung oder Benachteiligung einzelnen Erben, insbesondere Zuwendung von Beträgen aus dem Nachlass an einen seiner Verwanden ohne Unterrichtung der übrigen Miterben, Missachten der Erblasservorgaben für die wertmäßig exakte Aufteilung seines Nachlasses unter den Miterben, Missachtung der Verwaltungsanordnungen des Erblassers in relevanter Weise und nicht oder nur zögerliche Erfüllung eines Vermächtnis, völlige Untätigkeit etc. |
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Auch wenn der Testamentsvollstrecker grundsätzlich zur Entnahme der ihm gem. § 2221 BGB zustehenden Vergütung aus dem Nachlass berechtigt ist, können Übermaßentnahmen jedoch einen Entlassungsgrund i.S.d. § 2227 BGB darstellen. Dies ist dann der Fall, wenn die Entnahme sich nicht einmal mehr in den möglichen Grenzen der Angemessenheit hält. |
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Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, was nicht das Vorliegen eines Verschuldens des Testamentsvollstreckers voraussetzt. |
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sonstige verschuldensunabhängige Gründe wie Feindschaft und Spannungen zwischen Erben und Testamentsvollstrecker, längere Abwesenheit oder Krankheit des Testamentsvollstreckers, erheblicher Interessenkonflikt zwischen Testamentsvollstrecker und Erben etc. |
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das Unterlassen von notwendigen Maßnahmen zur Verwaltung oder Verwertung von Gegenständen, die der Testamentsvollstrecker – wenn auch objektiv zu Unrecht, bspw. bei Nachlassspaltung – in Anspruch nimmt. |
Rz. 233
Die Entlassung setzt nach § 2227 BGB einen Antrag voraus, erfolgt daher nicht von Amts wegen und kann auch nicht durch das Nachlassgericht durch Rücknahme der gerichtlichen Ernennung (§ 2200 BGB) erfolgen, was sich bereits aus der fehlenden Aufsichtsverpflichtung des Nachlassgerichts ergibt. Der Antrag kann bis zur Rechtskraft der Entscheidung zurückgenommen werden. Das Antragsrecht der Beteiligten kann der Erblasser nicht ausschließen.
Rz. 234
Antragsberechtigt ist nach § 2227 BGB jeder Beteiligte, der ein rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung hat, was allerdings dem gewöhnlichen Nachlassgläubiger aufgrund der fehlenden Rechtsbeziehung zum Testamentsvollstrecker im Hinblick auf die Art der Verwaltung nach der herrschenden ...