Rz. 91
Schließlich kann der Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entlassen werden. § 2227 BGB ist eine zwingende Norm zum Schutz der Erben, die nicht an den Willen des Erblassers anknüpft, sondern objektiv an das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Der Erblasser kann nicht in die Entlassungskompetenz des Nachlassgerichts eingreifen. Wichtiger Grund sind etwa die erhebliche und unbegründete Verzögerung der Abwicklungsvollstreckung, ein erheblicher Verstoß gegen das Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung, die Nichtmitteilung des Nachlassverzeichnisses entgegen § 2215 BGB, das stetige Verweigern von Auskünften entgegen §§ 2218 Abs. 1, 666 BGB, und auch die Bevorzugung einzelner Miterben entgegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Berechtigtes Misstrauen der Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker kann ebenfalls einen wichtigen Grund darstellen. Allerdings ist hier ein enger Maßstab anzulegen, damit die Erben nicht einen lästigen Testamentsvollstrecker aus dem Amt drängen können.
Rz. 92
Einen Entlassungsantrag nach § 2227 BGB kann grundsätzlich jeder Beteiligte stellen, d.h. wer durch die Testamentsvollstreckung in eigenen Rechten oder Pflichten – und nicht nur wirtschaftlich – unmittelbar betroffen ist. Antragsberechtigt ist danach zunächst jeder durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung beschwerte Miterbe. Er kann den Antrag allein und im eigenen Namen und auch gegen den Willen der übrigen Miterben stellen.
Rz. 93
Auch der Miterbe, dessen Erbteil selbst nicht von der Testamentsvollstreckung umfasst ist oder dessen Erbteil von einem anderen Testamentsvollstrecker verwaltet wird, ist antragsberechtigt. Denn aufgrund des zwischen den Miterben bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses betreffend die Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses hat auch der vollstreckungsfreie Miterbe ein unmittelbares rechtliches – nicht bloß wirtschaftliches – Interesse daran, von wem und in welcher Art und Weise die Testamentsvollstreckung geführt wird, und ist daher antragsberechtigt.
Rz. 94
Von der Antragsbefugnis des einzelnen Miterben zu trennen ist die Frage, ob der Entlassungsantrag begründet ist, wenn der Testamentsvollstrecker nur gegen den Willen bzw. die Interessen eines einzelnen Miterben handelt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht an den Willen aller und noch weniger eines einzelnen Miterben gebunden ist. Der Testamentsvollstrecker ist in seiner Amtsführung gerade unabhängig und hat sein Amt entsprechend dem Willen bzw. den Anordnungen des Erblassers zu führen und entsprechend sein Ermessen auszuüben. Maßstab für eine (die Entlassung rechtfertigende) grobe Pflichtverletzung ist also grundsätzlich nicht der einzelne Miterbe, sondern die Anordnungen des Erblassers für den Nachlass als Ganzes. Auch in diesem Rahmen kann allerdings eine gegen einen einzelnen Miterben gerichtete Amtsführung (z.B. durch Inanspruchnahme nur eines Miterben wegen Nachlassforderungen, die gegen mehrere Miterben bestehen) einen Entlassungsgrund darstellen. Beim Entlassungsantrag (nur) eines vollstreckungsfreien Miterben ist im Rahmen der Begründetheitsprüfung ein wichtiger Grund zu verlangen, der gerade die Rechtstellung des vollstreckungsfreien Miterben beeinträchtigt.
Rz. 95
Im Entlassungsverfahren ist gem. § 345 Abs. 4 Nr. 2 FamFG neben dem Antragsteller nur der Testamentsvollstrecker selbst Muss-Beteiligter. Die übrigen Miterben müssen vom Gericht aber über den Antrag informiert werden, das Gericht kann sie als Beteiligte hinzuziehen, auf ihren Antrag muss es das tun (siehe Rdn 88). Den nichtbeantragenden Miterben ist rechtliches Gehör zu gewähren.